Das Bärtierchen-Journal
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Bericht aus dem Mikroaquarium

Vor einem Dreiviertel Jahr hatten wir hier im Bärtierchen-Journal ein neuartiges Mikroaquarium   vorgeschlagen, welches eigentlich nur eine geniale Idee des Herrn Varley aus dem 19. Jahrhundert in modernes Material umsetzt.
In diesem Mikroaquarium können Sie problemlos über mehrere Tage hinweg kontinuierlich mikroskopisch beobachten. Es kann nicht austrocknen und die Bärtierchen haben immer genügend Sauerstoff.

Auch wenn es manche Leser vielleicht sentimental finden werden: Setzen Sie die Bärtierchen nach der Beobachtung doch bitte mit Hilfe der Pipette in ein feuchtes Moospolster zurück. Dadurch beweisen Sie zivilisiertes Verhalten, wie es für einen echten homo sapiens schicklich ist.

Natürlich hat das Aquarium auch Nachteile: Wir müssen mit der Beleuchtung zurückhaltend sein, um nicht zuviel Wärme einzubringen; auch fotografieren wir immer durch eine vergleichsweise dicke Lage Wasser hindurch, wodurch die Bildqualität leidet. Und nicht zuletzt passieren die entscheidenden Dinge im Mikroaquarium immer ausgerechnet dann, wenn wir uns gerade eine Tasse Kaffee holen oder wenn das Telefon klingelt.

Die Häutung und Eiablage der Echiniscus-Bärtierchen zählen zu den Lebensvorgängen, welche nicht leicht zu beobachten sind und welche dem Betrachter viel Geduld abverlangen:

Zu Beginn der Häutung kapselt sich das Bärtierchen ein und harrt, anscheinend regungslos, über Stunden und Tage hinweg aus, so daß der flüchtige Betrachter meinen könnte, es sei tot:


[ Bärtierchen während der Häutung ]

Bärtierchen (Heterotardigrade) zu Beginn der Häutung. Blick auf die Bauchseite. Der verkleinerte Umriß des "erneuerten" Tieres sowie der kontrahierte Darm mit grünlichen Verdauungsprodukten von pflanzlichem Material sind klar zu erkennen.
Körperlänge knapp 0,3 mm.


Wenn wir nach ein oder zwei Tagen wieder an die selbe Stelle des Aquariums schauen, ist das Bärtierchen entschwunden und hat seine alte Haut, angefüllt mit Eiern, zurückgelassen:


[ Heterotardigraden(Echiniscen)-Gelege ]

Bärtierchen-Gelege mit roten Eiern. Das Muttertier hat die Eier während der Häutung in der alten Cuticula zurückgelassen und sich mittlerweile aus unserem Blickfeld entfernt.


Wie ist das nun alles abgelaufen? Es wäre doch eine feine Sache, wenn wir auch nur ein wenig von der Abfolge mitbekommen hätten!

Das Bärtierchen mußte offensichtlich ein dicht gepacktes Arbeitspensum bewältigen: erst die Häutung, dann die Eiablage auf engstem Raum und zuletzt einen ordnungsgemäßer Rückzug aus der alten Hülle.

Nota bene: Dieser mikroskopische Vorgang funktioniert perfekt, obwohl anscheinend weder eine ISO 9000 Zertifizierung beantragt noch ein "Consultant" eingeschaltet wurde!

Wir waren als Zeugen mit von der Partie und haben bei sanfter Beleuchtung ein paar Fotos aufgenommen:


[ Bärtierchen während der Häutung ]

Beginn der Häutung: Das abgekapselte Bärtierchen liegt im Wasser, an seiner Unterseite hängt noch ein kleines Erdklümpchen. In den - hier nicht gezeigten - Zeitrafferaufnahmen ist übrigens zu sehen, daß sich das Bärtierchen nur wenig um seinen Körperschwerpunkt bewegt. Lediglich leichte Darmbewegungen zeigen, daß das Tier am Leben ist.


[ Bärtierchen während der Häutung ]

Am nächsten Morgen: Nanu? Wo ist den nun das grüne Gedärme? Sauber abgepackt liegt das Häufchen neben der Hauthülle. Auf diese Weise ist im Inneren mehr Platz zum Eierlegen und Verpacken.


[ Bärtierchen während der Häutung ]

Etwa eine Stunde später: Das erste Ei ist gelegt und unter dem Bauch des Tieres hinweg nach vorne (im Bild nach oben und dann nach links) geschoben worden, wo auch das Bärtierchen hinschaut. Es hat den Anschein, als würde es seine Eier absichtlich dort hinrollen und verstauen.


[ Bärtierchen während der Häutung ]

Eine Viertelstunde später: Rechts hinter dem ersten Ei erkennen wir ein zweites, leider etwas hinter der Schärfe-Ebene.


Und nun die letzte, auch recht schwierige Aufgabe: Das Bärtierchen kann sich aus Platzmangel in der alten Hauthülle nicht umdrehen. Es muß deshalb die Hülle rückwärts, mit den Hinterbeinen voran verlassen.
Wie unten im Film zu sehen, geht das trotzdem ziemlich flott:


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Video-Clip: Nachdem das Bärtierchen seine Verdauung erledigt, die Häutung abgeschlossen, sowie drei Eier gelegt und abgepackt hat, verläßt es, mit dem Po zuerst, seine alte Hauthülle. Es entspannt sich kurz, quasi schwerelos im Wasser schwebend.



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© Text und Fotos von  Martin Mach