[Titelfragment 1.1] [Titelfragment 1.2] Titelfragment 1.3]
[Titelfragment 2.1] [Titelfragment 2.2] [Titelfragment 2.3]
[Titelfragment 3.1] [Titelfragment 3.2] [Titelfragment 3.3]



Komplizierte Realität

Ein Bild sagt mehr als 1.000 Worte? Manchmal - ja. Leider kann es gelegentlich passieren, daß uns sogar ein selbst aufgenommenes Bild rein gar nichts sagt. Sehen und Verstehen ist eben nicht immer dasselbe. Betrachten wir das folgende Mikroszenario:


[ Bärtierchengelege, Totale ]

Bärtierchen-Gelege mit Eiern, von einem Bärtierchen des Genus Echiniscus abgelegt.
Dunkelfeld-Auflichtbeleuchtung. Länge des Geleges ca. 0,2 mm.

Auf den ersten Blick scheint alles normal und unauffällig zu sein: Die Eier befinden sich offensichtlich in einem frühen Entwicklungsstadium. In jedem meinen wir einen annähernd zentrisch angeordneten, dunklen Fleck erkennen zu können. Aus früheren Beobachtungen an anderen Gelegen schließen wir, daß die dunklen Flecke Zellkerne sind, das heißt, daß wohl noch nicht einmal die erste Teilung stattgefunden haben dürfte. Auch die ansonsten fehlende Binnenstruktur und die geringe Transparenz sprechen für ein sehr frühes Eireifungsstadium.

Etwas stört allerdings. Auf dem Foto oben links im Gelege findet sich eine ebenfalls rundliche Struktur, die einen abweichenden Orangeton aufweist. Und, was man hier auf dem Standbild nicht sieht: Diese Struktur schien sich zu bewegen, sonst wären wir wohl nicht darauf aufmerksam geworden. Bei höherer Vergrößerung im Durchlicht wird deutlich, daß der friedliche Gesamteindruck täuscht:


[ Bärtierchengelege, Detail ]

Das Gelege aus der obigen Abbildung, nun allerdings im Durchlicht, bei deutlich höherer Vergrößerung. Bildbreite ca. 0,15 mm.

Der Pfeil No. 2 im Foto zeigt auf die andersartige, bewegliche Struktur, deren Bewegung jedoch wiederum auf einen eirunden Raum (Pfeil No. 1) beschränkt war. Eines steht zumindest fest: Das bewegliche Etwas ist sicherlich kein Bärtierchen. Es dürfte sich um einen quicklebendigen Einzeller, vielleicht einen Ciliaten oder Flagellaten, handeln.

So weit, so gut. Nun kommen jedoch die Fragen. Was macht der Einzeller dort? Ist er womöglich in einer Bärtierchen-Eihülle gefangen, die er leergefressen hat? Kann oder will er jetzt nicht mehr aus der Eischale heraus?
Verständniserschwerend kommt hinzu, daß die Eier in ihrer zellophanartigen Hülle erfahrungsgemäß sehr gut gegen (größere) Freßfeinde und (kleinere) Parasiten, Bakterien etc. geschützt sind. Schon die einzelnen Eischalen selbst sind extrem elastisch und zäh. Als Gruppe sind sie noch zusätzlich durch eine weitere Schicht umhüllt, d.h. von außen nur schwer zugänglich. Und, wenn hier vielleicht etwas gefressen wird, warum nur in einem Ei und warum nur von einem Einzeller?
Mailen Sie uns bitte ganz einfach Ihre Interpretation des Fotos.

Wenige kluge Worte können hier vielleicht ausnahmsweise mal mehr aussagen als ein Bild!



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© Text, Fotos und Filme von  Martin Mach