[Titelfragment 1.1] [Titelfragment 1.2] [Titelfragment 1.3]
[Titelfragment 2.1] [Titelfragment 2.2] [Titelfragment 2.3]
[Titelfragment 3.1] [Titelfragment 3.2] [Titelfragment 3.3]

Die Oktober-Ausgabe des Bärtierchen-Journals will einen ersten Eindruck von der Schönheit der Tardigraden-Eier vermitteln, ohne gleich allzu tief in die recht komplexe Thematik einzusteigen. Trotzdem müssen wir vorab -nur ganz kurz- einen Blick auf die Rahmenbedingungen werfen:
Die Zahl der Eier schwankt in Abhängigkeit von der Bärtierchenart und den Lebensbedingungen zwischen 1 und etwa 35. Die Reifungszeit liegt typischerweise bei ein bis drei Wochen. Ähnlich wie die erwachsenen Tiere überstehen auch die Eier längere Trockenheit. Zur Vollendung des Reifeprozesses müssen sie jedoch feucht sein. Wir können zwei grundlegende Arten der Eiablage unterscheiden: Ein Teil der Bärtierchenarten deponiert die Eier frei, andere Arten, wie z.B.  Milnesium tardigradum  lassen sie nach den regelmäßig erfolgenden Häutungen in der alten Haut zurück.

Unter dem Mikroskop sieht das so aus:


[Eier von Milnesium tardigradum in Hauthülle] [Eier von Echiniscus sp. in Hauthülle]

Bei normaler Häutung von Milnesium tardigradum abgestreifte Hauthülle mit zwei ca. 100 µm langen Eiern

Vier Eier einer anderen Bärtierchenart (Echiniscus sp.) in Hauthülle. Deutlich zu sehen sind die Struktur des abgeworfenen Hautpanzers der Mutter sowie die in den Eiern bereits klar ausgeprägte, rote Farbe der kleinen Echiniscen. Erwachsene Exemplare dieser Spezies haben Sie auf der ersten Seite des Eingangsbildschirms und oben auf dem Journal-Titelkopf gesehen.

Im Gegensatz zu den oben gezeigten, in die alte Haut abgelegten Eiern, deren Oberfläche glatt ist, tragen die frei abgelegten Eier meist kunstvolle Verzierungen, sogenannte Eifortsätze, wie das hier unten abgebildete Ei eines Bärtierchens aus der Macrobiotus hufelandi  - Gruppe.


[Eier von Macrobiotus hufelandi]

Einzeln frei abgelegtes Ei von Bärtierchen aus der Macrobiotus hufelandi-Gruppe. Größe ca. 100 µm


Leider sind die Eier schwierige Objekte für das Lichtmikroskop. Mal ganz abgesehen davon, daß sie nicht leicht zu finden sind, haben sie folgende ungünstige Eigenschaften: Sie sind wenig lichtdurchlässig und liegen wegen ihrer Dicke nie als Ganzes im ohnehin recht knapp bemessenen Schärfentiefenbereich des Lichtmikroskopes.
Es gibt aber mittlerweile eine elegante Lösung für dieses lästige Schärfentiefe-Problem. Werfen Sie schon mal einen Blick in die Zukunft und lesen Sie jetzt das Bärtierchen-Journal vom November 2001 !


Die beiden Schwarzweiß-Bilder unten zeigen Computer-Modelle, welche ich nach eigenen Beobachtungen an in München vorkommenden Bärtierchen-Eiern mit Hilfe eines sogenannten Raytracer-Programmes errechnet habe. An diesen Modellen läßt sich besser ersehen, daß sich die Eifortsätze typischerweise in etwa gleichmäßig, aber nicht streng geometrisch geordnet über die gesamte Oberfläche des Eies verteilen. Ian M. Kinchin (s. unten bei Literatur) erklärt in seiner Bärtierchen-Monographie die mutmaßlichen Funktionen der Eifortsätze:

Anker zum Festmachen am Untergrund oder an transportierenden Tieren
Appetitverderber gegen Gefressenwerden
Wasserspeicher gegen schnelles Eintrocknen
Regulation des Gashaushalts im Ei

Und schön anzusehen sind sie auch noch:

[Ei]

Computermodelle von Bärtierchen-Eiern. Rechts: Leicht ovales Eis von Macrobiotus hufelandi

Sehr schöne Zeichnungen von Tardigraden-Eiern finden sich in der unten genannten Monographie von MARCUS. Hier zeigt sich eine erstaunliche Vielfalt unterschiedlichster Formen und Strukturen. MARCUS präsentiert in seinem Buch Eier, die aussehen, als seien sie mit Blumen bewachsen. Andere Tardigraden-Arten wiederum produzieren kunstvoll durchbrochene, streng geometrische Wunderwerke - es ist einfach unglaublich.
Moderne Rasterelektronenmikroskop-Aufnahmen einiger weniger Bärtierchenei-Arten finden sich in der internationalen Literatur, vor allem in italienischen und nordamerikanischen Publikationen.

Im November-Journal werden wir uns weiter mit den Eiern der Bärtierchen befassen. Unter anderem wird anhand einer kurzen Filmsequenz zu sehen sein, wie lebhaft die kleinen Tardigraden schon vor der Geburt in den Eiern strampeln!

 



Links und Literaturverweise

Ernst Marcus: Bärtierchen (Tardigrada). Gustav Fischer Verlag, Jena 1928.
- enthält zig Zeichnungen unterschiedlicher Bärtierchen-Eier und gilt auch heute noch als grundlegend, wenn es um die Eientwicklung geht-

Ian M. Kinchin: The Biology of Tardigrades. S. 62-67. Portland Press, London 1994.
- enthält eine gut lesbare Zusammenfassung mit edlen rasterelektronenmikroskopischen Abbildungen von Bärtierchen-Eiern -



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© Text, Abbildungen, Repro und Animation von  Martin Mach