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Können Bärtierchen riechen?
Externer Beitrag aus dem Marien-Gymnasium in Werl

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Anmerkung der Redaktion: Wir freuen uns, im Journal zur Abwechslung mal wieder einen externen Beitrag präsentieren zu können. Lobenswerterweise wurden die Bärtierchen auch in den hier geschilderten Experimenten nicht - wie so oft und leider etwas hirnlos - mit mörderischen Umweltbedingungen traktiert (Ultraviolettes Licht, Vakuum, Temperaturschock und Schlimmeres). Statt dessen durften sie sich zwischen ihrem natürlichem Lebensumfeld und ebenfalls harmlosen Alternativsubstraten entscheiden. Das Copyright zum folgenden Journaltext, den Abbildungen und Diagrammen liegt bei den Schülerinnen Clara, Emely und Alissa sowie ihrem Betreuer Marco Hagedorn vom Marien-Gymnasium in Werl.
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Geht man auf Bärtierchenjagd, so bietet sich nicht nur Moos als lohnendes Jagdterritorium an, sondern auch Laub. In einer "Jugend forscht"-Arbeit aus dem Jahr 2017 konnte gezeigt werden, dass Bärtierchen aus dem Boden in das Laub einwandern. Sie tun dies, so unsere Vermutung, da sie im Laub Nahrung finden. Eventuell stechen die kleinen Bärtierchen die im Laub vorhandenen Pilzhyphen an und saugen diese dann aus. Eine Frage, die sich die Schülerinnen Clara, Emely und Alissa nun stellten war, ob die Bärtierchen das Laub schon im Erdreich riechen und dann aktiv in dieses einwandern, oder ob die Einwanderung eher zufällig erfolgt. Wenn man der englischen Variante des Bärtierchen-Journals glaubt (http://www.baertierchen.de/wb_jul09.html), so ist die Frage schnell beantwortet. Dort steht zu lesen: "In spite of its tiny size a tardigrade is able to see, to smell, to run, to crawl and to kiss." Dennoch waren wir kritisch, ob ein Bärtierchen tatsächlich riechen kann. Deshalb wurden zwei Experimente ausgeführt, die diese Frage beantworten sollten.


1. Das Filterpapierexperiment

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Abb. 1: Beim Filterpapierexperiment werden Filterpapiere quasi als künstliche Blätter verwendet. Auf der linken Seite befinden sich die Filterpapiere, die mit einem Liter Laubwasser überschüttet wurden, auf der rechten Seite Filterpapiere, die in gleicher Weise mit einem Liter Leitungswasser präpariert wurden.

Man nehme insgesamt 16 Filterpapiere und stecke sie mit Zahnstochern in zwei Gruppen in den Boden. Die erste Achtergruppe übergießt man mit einem Liter normalem Leitungswasser, die zweite mit einem Liter Laubwasser. Das Laubwasser stellt man her, indem man einen 5-Liter-Eimer mit Laub befüllt und ca. zwei Liter Wasser hinzugibt. Das Ganze rührt man nun für fünf Minuten gut um und knetet die Blätter dabei. Danach entfernt man die Blätter und gießt das Gemisch durch ein Sieb mit einer Maschenweite von 20 µm, damit keine Bärtierchen mehr enthalten sind, der Duft des Laubes aber schon. Die Bärtierchen und die anderen Kleinstlebewesen wie zum Beispiel Fadenwürmer, die im Sieb hängen bleiben, spült man natürlich wieder in das Laub zurück.

Nach drei Tagen werden die Filterpapiere auf Bärtierchen hin untersucht. Hierzu weicht man die Filterpapiere in Wasser ein, spült sie sorgfältig ab und untersucht sie unter dem Binokular.

Es wurden vier Experimente durchgeführt und insgesamt 63 Bärtierchen auf den Filterpapieren gefunden. Die Verteilung der Bärtierchen ist in Diagramm 1 dargestellt.


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Diagramm 1: Prozentuales Verhältnis von Bärtierchen auf Filterpapieren mit Leitungswasser und mit Laubwasser


2. Das Agarexperiment


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Abb. 2: Agarplatten für das Agarexperiment

Für das Agarexperiment befüllt man eine Petrischale zur Hälfte mit zweiprozentigem Agar. Hierzu nimmt man ein Gramm Agar, gibt 50 ml Leitungswasser hinzu und kocht kurz auf. Die zweite Petrischale befüllt man ebenfalls mit zweiprozentigem Agar, nimmt dieses Mal aber Laubwasser (Herstellung siehe oben beim Filterpapierexperiment). Die beiden Agarplatten lässt man erstarren und erstellt eine "Mischplatte". Mögliche Lücken an der Grenze der beiden Agarstücke verschließt man mit flüssigem Agar. Nun sammelt man möglichst viele Bärtierchen aus dem Laub (meistens waren es ca. 10), pipettiert diese in die Mitte der Agarplatte und wartet bis zum nächsten Tag. Dann zählt man, auf welche Seite sich die Bärtierchen bewegt haben. Vorversuche zeigten, dass die Bärtierchen sich nach dieser Prozedur noch vergnügt bewegen können. Eine "Jugend forscht"-Arbeit aus dem Jahr 2014 ergab, dass sich Bärtierchen mit einer Geschwindigkeit von bis zu 74 cm/h bewegen können. Es sollte deshalb - zumindest theoretisch - genügend Zeit zur Erkundung einer fünf Zentimeter breiten Petrischale zur Verfügung stehen.
Es wurden sieben Versuche mit insgesamt 54 Bärtierchen durchgeführt. Diagramm 2 zeigt das Ergebnis.



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Diagramm 2: Prozentuales Verhältnis von Bärtierchen auf der Agarplattenseite mit Leitungswasser und mit Laubwasser


Fazit

Sowohl beim Filterpapier- als auch beim Agarexperiment waren die Bärtierchen nahezu gleich verteilt. Eine denkbare Interpretation könnte nun besagen, dass die Bärtierchen entgegen der oben zitierten Aussage "In spite of its tiny size a tardigrade is able to see, to smell, to run, to crawl and to kiss" überhaupt nicht riechen können!
Naja … so ganz streng und exakt wurde dies nicht bewiesen: Vielleicht riechen sie ja doch, nur eben etwas anderes. Und möglicherweise war das im Experiment hergestellte Duftwässerchen noch nicht stark genug oder bereits zu stark mit Pflanzenextrakt angereichert um wirklich attraktiv zu sein?
Als nächstes wird die Forschergruppe am Marien-Gymnasium in Werl untersuchen, ob sich Bärtierchen tatsächlich küssen. Oder sollten wir ihnen vielleicht diesen Rest an Privatsphäre gönnen und nicht gar so furchtbar neugierig in ihre Welt hineinforschen?



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© Text, Fotos und Filme von  Martin Mach