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Bärtierchen-Artbestimmung (Teil II) - Gastbeitrag von Dr. Rolf Schuster*

Bärtierchen weisen nur relativ wenige anatomische Merkmale auf, die sich für die Einordnung nach Gruppe (Genus) und Art eignen.

Teil I der Taxonomie-Einführung (voriges Journal, Juli 2024) behandelte
1) den Schlundkopf und
2) die Krallen.

Teil II der Taxonomie-Einführung (hier) beschreibt die Cuticula - quasi die Haut - sowie die Eier der Bärtierchen.

Für die Zeit ab September 2024 sind nach und nach exemplarische Darstellungen einzelner Arten geplant - vorrangig Arten, die auch für Mikroskopie-Amateure gut erkennbar sind. Und, völlig klar, mit Fotos!


3) Taxonomisch wichtige Merkmale der Cuticula ("Haut")
Heterotardigrada: Die in Mitteleuropa häufigsten Vertreter dieser Gruppe sind die Echiniscus-Arten. Deren Rücken-Cuticula besteht aus einer vielfach gegliederten, meist rötlich erscheinenden Panzerung (Abb. 1 und Abb. 2). Diese ist im Regelfall mit Körperanhängen (Fäden und Dornen) versehen. Das in der wissenschaftlichen Literatur verwendete Bezeichnungsschema für die Panzerplatten und Körperanhänge richtet sich nach dem folgenden Grundprinzip:


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Abb. 1: Echiniscen-Rücken

Abb. 2: Echiniscen-Rücken, Nomenklatur

Erklärungen: Die römischen Ziffern in Abb. 2 beziehen sich auf die Rumpfplatten I bis IV. K bezeichnet die Kopfplatte, Rumpfplatte I wird in der Literatur auch Schulterplatte genannt.
Die roten Beschriftungen S1 bis S3 geben die Position der sogenannten Schaltplatten an, welche näher am Körper liegen als die massiveren Deckplatten.
Die Großbuchstaben A bis E dienen zur Beschreibung der Positionen, an denen Körperanhänge zu finden sein können. Im gezeigten Beispiel finden sich Fäden nur in den Positionen A und C, bei B, D und E fehlen sie. Die Fäden auf Höhe C werden wegen ihrer unterschiedlichen Position als laterale(seitliche), dorsale(am Rücken befindliche) oder auch dorso-laterale Fäden bezeichnet.
In Position D befindet sich beim hier gezeichneten Tier außerdem links und rechts jeweils ein dorsal positionierter Dorn.


Die Panzerplatten zeigen je nach Art unterschiedliche Oberflächenstrukturen:


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Abb. 3: Oberfläche eines Echiniscen-Rückens - Detailaufnahme bei hoher Vergrößerung

An den Rändern der Platten können sich zudem lange Fäden oder kurze Stacheln befinden (Abb. 4). Cuticula-Bestimmungsmerkmale sind demnach:
- Art und Ornamentierung der Platten
- Anzahl und Lage der Fäden/Stacheln


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Abb. 4: Oberfläche eines Echiniscen-Rückens mit Stacheln und Fäden



Eutardigrada: Bei den Eutardigraden ist die Kutikula häufig glatt. Einige Arten zeigen jedoch ebenfalls zusätzliche Merkmale wie Stacheln, Verdickungen oder weitere Strukturen.


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Abb. 5: Eutardigraden-Cuticula mit 8 Reihen von Rückendornen.
Aufnahme im Phasenkontrast.

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Abb. 6: Eutardigraden-Cuticula mit gleichmäßig verteilter Porenstruktur.
Aufnahme im Phasenkontrast.

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Abb. 7: Eutardigraden-Cuticula mit ungleichmäßig verteilter, narbiger Struktur.
Aufnahme im Hellfeld.



4) Taxonomisch wichtige Merkmale der Eier
Eier können entweder bei der Häutung in der Kutikula zurückgelassen werden und sich dort entwickeln, oder sie werden frei in der Umgebung, beispielsweise auf Moosblättchen abgelegt. In vielen Fällen haben die frei abgelegten Eier artspezifische Strukturen. Deshalb sind die Eier bei den Eutardigraden besonders wichtige Bestimmungsmerkmale.


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Abb. 8: In die Cuticula abgelegte Echiniscen-Eier mit glatter Oberfläche. Das mittlere Ei hat bereits eine erste Zellteilung durchlaufen. Bildbreite ca. 0,3 mm.



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Abb. 9: Frei abgelegtes Eutardigraden-Ei, Bildbeispiel 1.
Bildbreite ca. 0,1 mm. Aufnahme im Hellfeld.



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Abb. 10: Frei abgelegtes Eutardigraden-Ei, Bildbeispiel 2.
Aufnahme im Phasenkontrast.



Anmerkungen und Literatur

(*) Der Bärtierchenspezialist, Partner und Co-Autor dieser Taxonomie-Serie, Dr. Rolf Schuster, berät Sie gerne bei tiefer schürfenden taxonomischen Fragestellungen und bei der Bestimmung der von Ihnen gefundenen Bärtierchen. Schreiben Sie einfach eine Mail an Rolf Schuster !

Hieronim Dastych, The Tardigrada of Poland. Monografie Fauny Polski 16, 1-255. 1988.

Ian M. Kinchin, The Biology of Tardigrades. London 1994.



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© Text, Fotos und Filme von  Martin Mach