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Die August-Ausgabe des Bärtierchen-Journals beschreibt, wo Sie die Bärtierchen finden und wie Sie sie am einfachsten untersuchen.


Welche Geräte wir benötigen

Wir brauchen eine Petrischale, eine Tropfpipette mit Hütchen, einen Objektträger, Deckgläser, -falls irgend möglich- ein gutes Stereomikroskop mit etwa 20facher Vergrößerung (Abb. 1) und ein, notfalls auch einfaches, normales Mikroskop (Abb. 2).
Das reicht für den Anfang. Wer kein Stereomikroskop auftreiben kann, wird viel mehr Zeit zum Durchsuchen der Proben brauchen. Auch wenn das in Abb. 2 gezeigte Spielzeugmikroskop manchem Profi zu Recht etwas suspekt erscheinen mag, genügt es zur Not, um die immerhin 0,3 - 0,5 mm langen Bärtierchen ein erstes Mal zu betrachten. Wichtig wäre vor allem, dass das Mikroskop über eine möglichst   k l e i n e   Anfangsvergrößerung (z.B. 50 fach) verfügt.


 
[Stereomikroskop] [Spielzeugmikroskop]

Abb. 1: Stereomikroskop - zum Finden der Bärtierchen bei 20 bis 30facher Vergrößerung.
Wichtig ist ein möglichst großes Blickfeld.

Abb. 2: Hat man die Bärtierchen erst einmal gefunden, reicht zur ersten Betrachtung bei etwas stärkerer Vergrößerung sogar das hier abgebildete Spielzeugmikroskop.


Die vielversprechendsten Fundorte

Am besten sammeln Sie Moospolster von Steinwänden, gekalkten Mauern und Dachziegeln. Viele Bärtierchen lieben Moospolster gerade auf Kalkstein. Sie brauchen den Kalk sowieso für ihre Zähne (Stilette). Im Wald sind die Moose meist dünner besetzt.
Regelmäßig aber nicht allzu häufig wird man Bärtierchen auch einzeln in Tümpel- und Moorwasser finden. Hierfür braucht man jedoch mehr Geduld und viel Zeit zum Durchmustern. Bleiben Sie deshalb lieber bei den Moospolstern. Meiden Sie in jedem Fall schimmeliges oder muffig riechendes Moos. Wie auch wir Menschen fühlen sich die Bärtierchen in miefiger, schlecht durchlüfteter Umgebung nicht wohl und leiden dann unter den Bakterien und Pilzen.


Wie wir die Bärtierchen in den Proben suchen und finden

Folgende Vorgehensweise führt in den meisten Fällen zum Erfolg:


[Moospolster] [Einweichen des Moospolsters in Wasser] [Durchmustern mit einer Lupe]  

Wählen Sie aus dem gesammelten Moos einen kleinen Ballen aus, der gerade noch in eine Petrischale oder das von Ihnen ausgewählte Gefäß hineinpaßt.
Entfernen Sie etwaige lose Erdklümpchen und erschrecken Sie nicht über flüchtende Kreaturen der nichtmikroskopischen Sorte!

Legen Sie den Ballen mit der grünen Seite nach unten in das Gefäß und füllen Sie nach und nach mit Wasser auf. Wenn sich das Moos gut vollgesogen hat, sollte der Gefäßboden immer noch mehrere Millimeter hoch mit Wasser bedeckt sein. Lassen Sie die Petrischale mehrere Stunden oder über Nacht stehen.

Nehmen Sie das Moos heraus und suchen Sie die Bärtierchen in der Petrischale mit dem Stereomikroskop bei mindestens 20 facher Vergrößerung oder notfalls mit einer mindestens 10fach vergrößernden Mineralogenlupe, jeweils auf dunklem Untergrund bei seitlich einfallendem Licht. Denken Sie daran: Sie strampeln wie Säuglinge. Manche sind transparent, andere ziegelrot.


Es ist immer hilfreich zu wissen, wonach man suchen muß. Wer eines der kleinen Lebewesen erst einmal selbst im Mikroskop gesehen hat, findet es in Zukunft deutlich leichter. Anfänger werden aller Wahrscheinlichkeit nach wesentlich mehr Zeit zum Suchen brauchen und vielleicht zunächst überhaupt keine Bärtierchen finden. Zu Beginn fehlt ganz einfach die nötige Erfahrung, um zu beurteilen, ob man sie übersehen hat oder ob die Probe vielleicht überhaupt keine Bärtierchen enthält. Um diese Lernphase etwas zu erleichtern, habe ich unten den visuellen Eindruck wiedergegeben, den man beim Blick durch eine 10fach vergrößernde Lupe hat. Ich habe bewußt eine preiswerte Lupe verwendet, die deutliche Verzerrungen im Bildrandbereich zeigt. Als Untergrund diente ein mattschwarzer Karton. Die Szenerie wird seitlich von einer Taschenlampe beleuchtet. Im linken Kreis sind zwei größere Bärtierchen (Macrobiotus sp., etwa 0,5 mm lang) zu sehen, im Zentrum des rechten Kreises ein wesentlich kleineres, ziegelrotes Echiniscus-Bärtierchen. Die kurzen Stummelfüßchen sind nur links ansatzweise zu erkennen. Manchmal klammern sich die Bärtierchen auch an kleine Erdklümpchen und Pflanzenteile.


[Bärtierchen, Tardigraden; Blick durch eine 10fach Lupe]

Blick durch eine 10fach vergrößernde Lupe auf eine Petrischale mit Bärtierchen.

Wie wir die Bärtierchen genauer betrachten

Mit einer Tropfpipette können wir die Bärtierchen auf einen Objekträger überführen. Bei niedriger Vergrößerung (bis zum 10fachen Objektiv) brauchen wir kein Deckglas. Stärkere Objektive (ab 20x) ergeben nur mit Deckglas ein annehmbares Bild. In diesem Fall brauchen wir unbedingt einen Abstandshalter zwischen Objektträger und Deckglas, damit die Bärtierchen nicht zerquetscht werden. Als Abstandshalter können wir z.B. Deckgläser oder Deckglassplitterchen verwenden.
Wenn wir Glück haben, finden wir vielleicht sogar eines der eindrucksvollen Echiniscus-Bärtierchen, welche der Bezeichnung "Wasserbär" wohl am besten gerecht werden:


[Bärtierchen , Echiniscus sp.]

Echiniscus-Bärtierchen. Bildbreite etwa 100 µm

Es ist Ehrensache, daß wir die Wasserbären nach der Untersuchung nicht einfach in den Gully kippen, sondern sie in ihr Moos zurücksetzen. Wir können es nun eintrocknen lassen und später immer wieder neu verwenden!
Auf diese Weise erhalten wir nach und nach eine pflegeleichte Sammlung unterschiedlicher Moose mit stets wieder neu belebbaren Tieren.

Ciao Formalin, ade Insektennadeln ...

Diejenigen Leserinnen und Leser, welche die hier vorgestellten Bärtierchen-Fundorte als enttäuschend naheliegend, geradezu hausbacken und unbefriedigend simpel empfinden, möchte ich auf das nächste Bärtierchen-Journal im September vertrösten. Ich werde dann über exotischere Lokationen berichten und Eveline du Bois-Reymond Marcus bei der wissenschaftlichen Auswertung über die Schulter schauen. Natürlich werden wir auch den spektakulären Fund bei lat. 43° 4´ N, long. 31° W (wo das wohl ist?) gebührend berücksichtigen!


© Text, Abbildungen, Repro und Animation von  Martin Mach


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Empfehlenswerte Literatur in Auswahl:

Ernst Marcus: Bärtierchen (Tardigrada). Gustav Fischer Verlag, Jena 1928.
Ian M. Kinchin: The Biology of Tardigrades. Portland Press, London 1994.
Hartmut Greven: Die Bärtierchen. Neue Brehm-Bücherei, Wittenberg, 1980.
Giuseppe Ramazotti: Il phylum Tardigrada. Mem. Ist. Ital. Idrobiol., Band 28 (1972) S. 1- 732.
Christina Kaeser: Tardigraden - niedlich, bärig und immer schön langsam.
Mikrokosmos 85 (1996) 371 - 375.
Bernd Walz: Bärtierchen - Überlebenskünstler aus dem Moospolster.
Mikrokosmos 86 (1997) 57-61.