Lupen für Fortgeschrittene (XIV) |
Abb. 1: Ein Zuckerhut? - 4x Dia-Lupe
von Schneider-Kreuznach. Dieses Gerät wird in Internetforen als mögliche
Dialupen-Referenz bezeichnet und ist es wohl auch. Knapp 7 cm hoch und 86,7 g
schwer (inklusive einer edlen grauen, gummiartigen Kordel, die für sich
alleine stolze 11,5 g auf die Waage bringt ;-).
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Wer deutlich weniger Geld ausgeben wollte, konnte allerdings auch andernorts durchaus respektable Qualität entdecken: |
Abb. 2: Eine KMZ "HORIZON" 4x Dialupe. Sehr solide Bauweise (mit 103 g Gewicht!), Höhe 6,5 cm. Brauchbare Fokussierung, planes, scharfes und farbreines Bildfeld, wohl auch für 6x6 Dias geeignet. Der 365 nm UV-Test auf verkittete Linsen verläuft positiv. |
Wäre somit alles trivial und im Grunde genommen nicht der Rede wert? Können wir auf eine visuelle Überprüfung solcher Systeme verzichten und, wenn der UV-Test positiv verläuft, blind auf die Segnungen verkitteter Optiken (die heiligen Tripletts etc.) vertrauen? Leider nicht, wie das folgende Beispiel illustriert: |
Abb. 3: Eine "PEAK 2018" 8x Dialupe mit seitlich transparentem Fuß samt integrierter Mess-Skala. Laut Datenblatt mit achromatischem Element. Fokussierbar, jedoch in einem leider etwas minderwertig erscheinenden Gehäuse untergebracht. |
Das Vorliegen eines achromatischen optischen Elementes bestätigt sich erwartungsgemäß im UV-Test: |
Abb. 4: Die PEAK 2018 8x Lupe im 365 nm UV-Licht. Da hier eindeutig keine Kunststofflinsen verbaut sind, ist von einem klassischen, verkitteten optischen Element auszugehen - das wiederum ein achromatisches Bild erhoffen lässt. |
Beim Blick durch die PEAK 2018 Dialupe auf das Leica-Testdia wird der triplett- oder achromasie-erheischende Betrachter jedoch schwer enttäuscht: |
Abb. 5: Blick durch die PEAK 2018 Lupe. Kissenverzerrung, störende Reflexe und deutliche Farbfehler (siehe vergrößerte Detailansicht im roten Rahmen). |
Wenn man nun das Einblicksokular der PEAK-Lupe ganz herausschraubt und separat verwendet, verschwinden die beklagten Bildfehler restlos. Das Problem liegt anscheinend darin, dass unter dem Achromaten noch eine weitere, rechteckige, der Bildfeldvergrößerung dienende Einfachlinse angebracht wurde, welche die Bildqualität dramatisch verdirbt. Wie man sieht, ist es demnach leider durchaus möglich, auch hochwertige achromatische optische Elemente so zu verbauen, dass hinterher schwerwiegende Bildfehler entstehen! |
Wenn wir nun preislich noch weiter nach unten sondieren, finden wir einfachere aplanatische Optiken, die durchaus verwendbar sind, wie die folgend abgebildete No-name 8x Dialupe. |
Abb. 6: No-name 8x Dialupe mit ansprechendem Design und guter Ergonomie. Allerdings mit einfacher, nicht achromatischer Optik, weshalb sich beim Leica-Testdia ebenfalls Farb-Artefakte zeigen. Aber mordsmäßig preiswert und besser als nix, immerhin fokussierbar. Auch sind selbst die kleinsten Inschriften auf dem Leica-Testdia hier ohne weiteres lesbar. |
Wenn der Hersteller noch weiter sparen möchte oder sparen muss, landen wir unweigerlich bei Produkten mit den angeblich hochwertigen und teils als kratzfest gerühmten Optiken mit Kunststofflinsen, schlimmstenfalls ohne Fokussiermöglichkeit: |
Abb. 7: Eschenbach 8x Dialupe mit Kunststofflinsen. Klares Bild, jedoch deutliche Farbrand-Artefakte. Auch bedarf es keiner besonderen Erläuterung, dass eine Lupe mit transparentem Aufsetzfuß nur dann Sinn ergibt, wenn ein Dioptrienausgleich mittels Fokusring möglich ist. Dies ist hier leider nicht der Fall. Deshalb wird so mancher Betrachter die Optik nicht auf seine individuell optimale (physiologisch bedingte) Schärfeebene einstellen können. |
Zur Ehrenrettung der Eschenbach-Lupe sei immerhin angemerkt, dass die eingesetzten Plastiklinsen relativ hochwertig sind, was man sowohl an der Bildqualität als auch bei der Betrachtung im polarisierten Licht erkennen kann: |
Abb. 8: Die Kunststofflinsen der Eschenbach-Lupe zeigen bei der Kontrolle unter gekreuzten Polarisatoren erfreulich geringe Farbeffekte (nur geringfügig unterschiedliche, typischerweise spannungsbedingte Brechungsindizes). Lediglich am mutmaßlichen Eingusspunkt ist eine relativ kleine Heterogenität erkennbar. |
Hochwertigen Glaslinsenachromaten wie denen in Abb. 1 und 2 können die kostenoptimierten Systeme jedoch leider nicht das Wasser reichen. Auch sind wir bislang noch keiner Lupen-Kunststofflinse begegnet, die weniger kratzanfällig gewesen wäre als eine althergebrachte, um nicht zu sagen: hundsordinäre Glaslinse. |
Übrigens erscheint auch die Kunststofflinse der Eschenbach-Lupe
im UV-Licht milchig-trüb, könnte insofern ein sehr viel hochwertigeres,
verkittetes Glas-Triplett vortäuschen. Den Hersteller trifft hierfür
natürlich keine Schuld, es ist ja tatsächlich reiner Zufall, dass sich das
echte Triplett und die Kunststofflinsen im UV so ähnlich verhalten. |
Abb. 9: Das DIY-Raman-Mikroskop in Aktion (vgl. hierzu unsere alten Journale von Feb. 2017 bis Sept. 2017). Der Laserstrahl ist hier bereits durch das 10x Objektiv auf die erste rückseitige Linsenfläche der Lupe fokussiert. |
Die Objektgeometrie ist nicht sonderlich vorteilhaft, trotzdem konnten wir dem Objekt auf diesem Weg ohne jegliche Probenahme, heiße Nadel oder Ähnliches ein Ergebnis entlocken: Die "Leichtlinse" der Eschenbach-Lupe besteht demnach aus Acrylglas (fachsprachlich Polymethylmethacrylat, oder abgekürzt PMMA). |
Abb. 10: Die Gegenüberstellung des Raman-Spektrums eines Acrylglases (schwarze Linie) mit dem von unserer Eschenbach-Lupe (rote Linie) zeigt eine klare Übereinstimmung - somit wäre der Kunststoff eindeutig nachgewiesen, und zwar sehr konkret als Acrylglas! |
Und wer jetzt sagt "Das ist aber mit Kanonen auf
Spatzen geschossen!", der hat natürlich recht. Ein Raman-Spektrometer
ist ein ziemlich aufwändiges Gerät. Auch ein ähnlich Erfolg
versprechendes ATR-Infrarot-Spektrometer wäre furchtbar teuer.
Deshalb schließen wir hier sphinxmäßig, mit einer nicht trivialen
Frage an die Leserschaft: |
© Text, Fotos und Filme von Martin Mach |