[Titelfragment 1.1] [Titelfragment 1.2] Titelfragment 1.3]
[Titelfragment 2.1] [Titelfragment 2.2] [Titelfragment 2.3]
[Titelfragment 3.1] [Titelfragment 3.2] [Titelfragment 3.3]

Dem aufmerksamen Leser des Journals wird sicher aufgefallen sein, daß kaum eines der hier gezeigten Fotos die Bärtierchen in ihrer natürlichen Umgebung zeigt. Die Gründe liegen auf der Hand: Der typische Lebensraum der landbewohnenden Tardigraden, die Moospolster, sind ein undurchsichtiger Miniatur-Dschungel. Hunderte, ja sogar Tausende von Bärtierchen können sich problemlos zwischen den dunkelgrünen Moosblättern und in den engen Zwickeln verstecken, so daß wir die meisten kaum jemals zu Gesicht bekommen werden. Selbst wenn wir mal das Glück haben sollten, ein Tier sozusagen zuhause zu sehen, wird es im Mikroskop Probleme mit der Schärfentiefe geben. Wir können die Atmospäre des natürlichen Lebensraumes aufnehmen, feinere Details lassen sich jedoch in der Regel nicht mehr abbilden.


[typische Fundsituation]

Bärtierchen, zuhause.
Das Tier schaut in unsere Richtung.
Körperlänge ca. 0,3 mm. Auflicht mit Taschenlampe.


Besonders die häufig dicht mit Wasserbären besiedelten Dachmoose sind im trockenen Zustand fast schwarz und völlig undurchsichtig. Gerade an solchen Orten sind viele der interessanten Trockenformen (Tönnchen) der Bärtierchen verborgen. Wir haben unter den geschilderten Bedingungen allerdings kaum eine Chance, die Tönnchen zu finden, geschweige denn das  Wiederaufleben  nach dem Wasserzutritt zu studieren.


[typische Fundsituation]

Typischer Bärtierchen-Wohnort: Dunkle, nadelkissenförmige Moospolster (Durchmesser wenige cm bis ca. 20 cm) auf nicht geputztem und nicht modernisiertem, über 100 Jahre alten Dach


Wie im letzten Journal angekündigt, hat das Entwicklungsteam des Bärtierchen-Journals sich dieser Problematik angenommen und ein geeignetes Ersatzsystem entwickelt, welches das verzögernde Austrocknungsverhalten der Moose imitiert, im Gegensatz zu den Moosen jedoch weitgehend durchsichtig ist. Die Schwierigkeit bestand darin, ein System aus vielen kleinen, miteinander vernetzten Hohlräumen zu finden, welches trotzdem, quasi durch kleine Fenster, ein gewisses Maß an Einblick gewährt. Selbstverständlich müssen die Hohlräume für die Bärtierchen zugänglich sein. Auch sollte ihr Durchmesser größer sein als die Körperlänge der Bärtierchen selbst. Das Ergebnis kann sich sehen lassen:


[Substrat 1]

Ein im Austrocknungsverhalten dem Moospolster entsprechendes, jedoch weitgehend durchsichtiges Multikammer-System (Erklärung siehe Text). Die Fenster-Kammer links im Bild ist etwa 0,5 mm hoch.


Das nun in der ß-Phase der Erprobung befindliche System kann mit Hilfe eines Messers oder einer Rasierklinge (Vorsicht Verletzungsgefahr!) zu flachen Quadern, ca. 1 cm x 1 cm x 2 mm, zerschnitten werden, auf welchen wir das Austrocknen und Wiederaufleben der Bärtierchen ohne größere Probleme unter dem Mikroskop mitverfolgen können. Da das System keine für die Bärtierchen verwertbare Nahrung bietet, sollten nur gutgenährte Tiere eingebracht werden, die dann allerdings auch zu schönen, durchaus lebensfähigen Tönnchen eintrocknen:


[Substrat 2]

Echiniscus-Bärtierchen, in dem hier besprochenen, künstlichen Milieu erfolgreich eingetrocknet


Wir wollen den nun zu erwartenden Anfragen an die Redaktion des Bärtierchen-Journals zuvorkommen und etwaigen Bestellungen des mutmaßlich teuren Ersatzsystems durch eine kleine Indiskretion begegnen.
Bei dem Ersatz-Moos handelt es sich um einen gelben Spülschwamm (zum Abspülen), Marke "Zeg", garantiert FCKW-frei hergestellt. Andere Fabrikate sind in der Regel genauso gut geeignet.





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© Text und Mikrofotos von  Martin Mach