Die Bärtierchen und das polarisierte Licht (I) |
Mikroskopie-Koffer, wohl aus den 1970er Jahren, mit einem vergleichsweise bescheidenen Mikroskop, aber üppiger Zusatzausstattung. Reihenweise Farbstoffe und Chemikalien, Präparate von Fliege, Spinne und dem damals noch umweltpolitisch korrekten Schmetterling. Mikroprojektionsbildschirm, Reibschale mit Pistill, Becherglas, Schaumstoff als Einbettungsmedium zum Schneiden. Filterpapier, ein Fertigpräparat, Tropfpipette u.v.m. |
In den Augen manches ernsthaften Mikroskopikers sind diese Kästen
wegen des relativ preiswerten Mikroskopes optisch unzureichend und deshalb pädagogisch fragürdig,
einfach unsinnig. |
Ausgewählte Einzelteile aus dem oben gezeigten Mikroskopiekoffer. |
Sie werden auf dem obigen Foto Vieles erkennen, was man heute, trotz Internet, nicht so ohne weiteres einzeln kaufen kann, jedoch gelegentlich benötigt und dann auch sinnvoll einsetzen kann: Petrischale, Lupe, Proben-Aufbewahrungsgläser, Skalpell, eine Deckglas-Positionierhilfe zur Anfertigung von Dauerpäparaten (aus Metall, mit dem rechteckigen Fenster), eine Pappdeckel-Schablone für unkomplizierte Trockenpäparate, Mikrotomwachs, ein einfaches Handmikrotom (das spulenförmige, schwarze Gerät in Position 10 Uhr), Präpariernadel, gläserner Rührstab, Reagenzglas und Reagenzglashalter, ja sogar mordsmäßig gefährliche Chemikalien wie 100%igen Alkohol! In der Petrischale liegt eine Okularkappe mit Polfilter. Nun, wenn das in der Spielzeugkiste anscheinend mal eine selbstverständliche Dreingabe war, sollten auch wir uns überlegen, wie wir polarisiertes Licht für unsere Arbeitsmikroskope bereit stellen könnten. |
Wegen der Kleinheit der Bärtierchen und der daraus resultierenden Transparenz
können wir uns hier auf auf polarisiertes Durchlicht beschränken.
Es reicht völlig aus, ein erstes Polfilter, den sogenannten Polarisator, unter dem Objektträger
anzubringen (z.B. direkt vor dem Lampenfenster) und ein zweites, identisches Polfilter,
den sogenannten Analysator, über dem Objektträger, irgendwo im Tubus, oder
notfalls sogar über dem Okular als "Okularkappe" zu befestigen. |
"Freilegung" eines Polfilters aus der Fassung. Bei den meisten photographischen Polfiltern ist die Filterscheibe mit einem dünnen Gewindering befestigt, den man - beispielsweise mit Hilfe eines Feinmechanikerschraubendrehers - behutsam losklopfen und herausdrehen kann. Die ungefaßte Filterscheibe paßt, dank des nun erheblich flacheren Baumaßes in viele Mikroskoptuben, wenn man etwas Glück hat - ohne weitere Bastelarbeiten. |
Versuchsaufbau zur Überprüfung der Polarisationsleistung einer Filterkombination aus Polfilterfolie und Glas-Polfilter. Ganz unten, auf der Glasfläche eines Diabetrachters, liegt eine rechteckige Kunststoff-Polarisationsfolie, obenauf das gläserne Polfilter. Als Testobjekt dient eine dazwischen positionierte Filterbox aus thermoplastischem Kunststoff. |
Obiger Versuchsaufbau in der Draufsicht. Polfilterfolie und Glaspolfilter alleine liefern in passender Orientierung ein sattes Schwarz, das Textobjekt (Filterbox) - soweit es zwischen den beiden Filtern liegt - die gewünschten Farbeffekte. |
Wenn die Polfilter ein gutes Schwarz zeigen, können wir sie in den mikroskopischen Strahlengang integrieren und am Mikroskop versuchsweise ein paar "polfreundliche" Präparate aus unserer Alltagsumgebung betrachten. |
Testobjekt 1: Zerknitterte Frischhaltefolie "Frapan" (ca.
20 Mikrometer stark)
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Testobjekt 2: Zwei Kratzer auf einer Klebefolie, ebenfalls im polarisierten Licht. |
Keine Sorge, auch die Bärtierchen kommen noch dran. |
© Text, Fotos und Filme von Martin Mach |