Das Bärtierchen-Journal
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Dactylobiotus dispar (III)

Bei uns Menschen spielt die Brutpflege eine große Rolle, denken wir nur an die aktuellen Diskussionen um den Lehrermangel oder an das Muttersöhnchen-Motiv in den wirklich sehenswerten "Elling"-Filmen.

Inwieweit auch die Tardigraden Brutpflege betreiben, ist in der Fachliteratur umstritten. Man konnte sich z.B. nicht einigen, ob das bei bestimmten Arten beobachtete Mitschleppen des Geleges, wie in der schematischen Abbildung unten, als Brutpflege zu interpretieren sei.


[ Tardigrade, Eihülle mitschleppend ]

Mitschleppen der abgelegten Cuticula mit den Eiern bei manchen Tardigradenarten.
Angeblich tragen die Weibchen das Gelege manchmal bis zum vollendeten Schlüpfen mit sich herum. Neu gezeichnet in Anlehnung an Marcus (1928), S. 185.

Eine vorausplanende Fürsorge wird man den Tardigraden allerdings nicht absprechen können. Es hat lange gedauert, bis wir selbst einen diesbezüglichen Beleg finden konnten. Bei  Dactylobiotus dispar  ist es uns endlich gelungen, Eier quasi in Fremdverpackung nachzuweisen und auf CCD zu bannen. Gönnen wir uns aus diesem erfreulichen Anlaß mal ein etwas größeres Abbildungsformat:


[ Dactylobiotus dispar, Tardigrade, Totale ]

Gelege des Bärtierchens Dactylobiotus dispar , abgelegt in Wasserflohschale.
Durchmesser der Eier jeweils ca. 90 µm. Die unterste Eihülle ist leer, weil das betreffende Bärtierchen schon geschlüpft ist.

Man könnte nun argumentieren, es handle sich hier um einen reinen Zufall. In der Fachliteratur findet sich jedoch eine Reihe von Hinweisen, welche sich auf das gezielte Ablegen von Bärtierchen-Eiern in artfremde, schützende Hüllen beziehen. Ernst Marcus (1928) bildet in seiner Monographie ein Gelege des Bärtierchens  Hypsibius hastatus  mit drei Eiern in einer Cladocerenschale ab und nennt weiterhin leere Chitinhüllen von Insekten als Ablageort für Eier des Bärtierchens Macrobiotus pullari .
Der um wissenschaftliche Nüchternheit bemühte Fachwissenschaftler wird in diesen Fällen vielleicht eher von einem "thigmotaktisch ausgelösten", d.h. quasi mechanisch wirkenden Eiablage-Reiz sprechen.
Der Bärtierchen-Enthusiast hingegen könnte hier den nun endlich erbrachten Beweis für die unbestreitbar hohe Intelligenz der Tardigraden wittern. Schließlich würden ja aus den vielen Objekten im Wasser je nach aktuellem Angebot die bestgeeigneten gezielt ausgewählt.
Nun, warum nicht? Schließlich wissen wir vom  Homo sapiens,  daß auch dieser in der Lage ist, bestimmte Fernsehkanäle, Warenhaus-Sonderangebote und Kneipen zu sondieren ;-)


Literatur

Marcus, E.: Bärtierchen (Tardigrada). S. 185 und S. 210/211. Jena 1928.


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© Text und Fotos von  Martin Mach