Leben im Meeressand (III)
Hobbytaucher wissen genau, wo man im Meer am wenigsten sieht: im Sand.
Dieser Meinung waren wir auch, bevor wir dort mit der Suche nach dem
Bärtierchen Batillipes mirus ("Schaufelfuß, wundersamer")
begannen.
Menschlich-oberflächlich betrachtet besteht demnach zum Beispiel ein Sandstrand
lediglich aus einem großen Haufen lieblos hingestreuter, langweiliger
Sandkörner. Es mag sein, daß ein Esoteriker oder ein Mineraloge diesem
System etwas abgewinnen kann, jedenfalls scheint es sich insgesamt um
ein eher fades Medium zu handeln, oder etwa nicht?
Bereits im letzen Journal hatten wir gezeigt, daß in diesem Fall alles nur
eine Frage der Größenordnung ist. Schon bei moderater Vergrößerung
fanden wir im Sand ein bizarres Foraminiferengehäuse, die glasklare Diskusscheibe
einer Meeresdiatomee, konstruktiv interessante Bruchstücke von Seeigelstacheln
und andere interessante Einzelobjekte.
Diese "Nichtsandobjekte" sind in eine farbenprächtige, flächig
ausgebreitete Sandkornflora eingebettet, welche sich erst bei geduldiger Betrachtung
unter dem 'großen' Mikroskop nach und nach erschließt.
So manches Sandkorn gerät dann zum lebendigen,
farbenprächtigen Riff - allerdings leider, liebe Sandsammler, nur im
nassen Zustand. Beim Trocknen verschwindet das pralle, farbenfrohe Leben und man
muß sich mit den Reizen der anorganischen Welt begnügen.
Speziell der Ostsee, klassischer Heimat von Batillipes mirus , traut
so mancher Tourist ohnehin nicht allzu viel zu. Da hört man
schnell, die Ostsee sei ja eigentlich mit ihren maximal 100 m Tiefe kein
"richtiges" Meer, noch dazu enthielte sie im nördlichen Teil
nicht mehr genügend Salz und sei dort so eine Art steriler Kaltwassertümpel.
Sogar der Sand der Ostsee sei blasser als der von anderen, exotischeren Gegenden.
Erweisen wir deshalb der Ostsee mehr Gerechtigkeit und schauen wir sie uns bei
passender Vergrößerung an! So ab etwa 30fach geht es los und wir ahnen,
daß noch mehr folgen wird.
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