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Müll-Heimlichkeiten

Wissen Sie, was ein Marienkäfer, ein Hummer und ein Echiniscus-Bärtierchen gemeinsam haben?

Richtig, jede Menge Carotinoide im Stoffwechsel. Klar, daher kommen die schönen roten und rot-orangen Farbtöne - wenn auch leider beim Hummer erst unter menschlich-kulinarisch-brutalen Randbedingungen.


[ Echiniscus Mageninhalt ]

Montage: Echiniscus-Bärtierchen in verschiedenen Bewegungsstadien. Schon Ernst Marcus (1929) geht von "carotinähnlichen" Farbstoffen im Körperinneren der Echiniscen aus. Dunkelfeldaufnahme. Bildbreite ca. 1,5 mm.


Wie können wir den Carotinoid-Stoffwechsel der Bärtierchen möglichst sanft plausibel machen - ohne Formalin, ohne Töten und ohne wissenschaftliche Quälerei? Die Echiniscen kommen uns freundlich entgegen: Wie wir schon vor Jahren in einem  älteren Journal  gesehen haben, stellen sie vor jeder Häutung ihren gesamten Magen-Darminhalt sauber vor die Haustüre. Wir müssen ihn uns nur noch abholen - so ähnlich wie es ein aufdringlicher Performancekünstler schon vor Jahren bei einem Fußballstar vorgeführt hat. Der Fußballstar war damals nicht besonders begeistert, verständlich, wer will schon seine Persönlichkeit anhand des eigenen Mülls diskutieren lassen ...

Keine Sorge, die Echiniscus-Bärtierchen sind reine Pflanzenfresser, deshalb sieht das Päckchen recht appetitlich aus. Wir können es mit etwas Glück unter dem Stereomikroskop bei ca. 30facher Vergrößerung finden. Es liegt einfach im Wasser und schaut aus wie ein birnenförmiger, grüner Ballon.


[ Echiniscus Mageninhalt ]

Vom Echiniscus-Bärtierchen vor der Häutung abgelegtes Säckchen mit dem Mageninhalt. Auflicht. Bildbreite
ca. 0,15 mm.


Wir können das grüne Säckchen ohne große Probleme aus der Petrischale herauspipettieren und mit Hilfe eines Kursmikroskopes genauer untersuchen.


[ Echiniscus Mageninhalt ]

Vom Echiniscus-Bärtierchen vor der Häutung abgelegtes Säckchen mit dem Mageninhalt. Gesamtansicht. Durchlicht. Bildbreite ca. 0,15 mm.


Im Gegensatz zu den größeren, teils räuberischen Bärtierchen (vor allem  Milnesium tardigradum ) haben die Echiniscen eine extrem schmale Speiseröhre, die eigentlich nur Saft durchläßt, in erster Linie den flüssigen Inhalt von Moos- und Algenzellen. Es ist demnach keine Überraschung, daß der Magen der Echiniscen keine sklerotisierten Rädertiermägen oder andere Spuren räuberischer Tätigkeit aufweist. Auch bei stärkeren Vergrößerungen sehen wir lediglich kleine, meist sphärische Strukturen, olivgrün und orange.


[ Echiniscus Mageninhalt ]

Vom Echiniscus-Bärtierchen vor der Häutung abgelegtes Säckchen mit dem Mageninhalt. Detail. Durchlicht. Bildbreite ca. 0,03 mm.


[ Echiniscus Mageninhalt ]

Dito. Detail. Durchlicht. Bildbreite ca. 0,03 mm.


Insbesondere die orangen Strukturen zeigen eine sehr variable Außenkontur wenn wir sie über längere Zeit hinweg, bei langsam eindunstender Flüssigkeit beobachten. Vergleichen Sie das Aussehen des orangen Bereichs in den folgenden, etwa im Minutenabstand aufgenommenen Fotos:


[ Echiniscus Mageninhalt ]

Dito. Detail. Durchlicht. Bildbreite ca. 0,03 mm.


[ Echiniscus Mageninhalt ]

Dito. Detail. Durchlicht. Bildbreite ca. 0,03 mm.


[ Echiniscus Mageninhalt ]

Dito. Detail. Durchlicht. Bildbreite ca. 0,02 mm.


Wenn wir nun - nach Forscherart - den sauber aufgeräumten Beutel zerdrücken, wird klar, daß die orangen Partien mehr oder weniger flüssig sind und sich nicht mit Wasser mischen. Wir können deshalb davon ausgehen, daß es sich hier um Carotinoide handelt (von denen man weiß, daß sie wasserunlöslich sind und allesamt orange bis rote Farbe zeigen).


[ Echiniscus Mageninhalt ]

Dito - zerdrückt. Durchlicht. Bildbreite ca. 0,02 mm.


Warum entsorgen die Bärtierchen derart wertvolle Nährstoffe? Ein mögliche Erklärung wäre, daß die Carotinoide der zu diesem Zeitpunkt abgeschlossenen Eidotterbildung dienten und nun nicht mehr in gleicher Menge benötigt werden. Falls Sie andere Information zu diesem Thema haben: schreiben Sie uns bitte doch ganz einfach!





Literatur

Ernst Marcus: Tardigrada. S. 21. Leipzig 1929.


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© Text, Fotos und Filme von  Martin Mach