[Titelfragment 1.1] [Titelfragment 1.2] Titelfragment 1.3]
[Titelfragment 2.1] [Titelfragment 2.2] [Titelfragment 2.3]
[Titelfragment 3.1] [Titelfragment 3.2] [Titelfragment 3.3]



Augenkontakt mit Prof. Ferdinand Richters

Über den sehr erfolgreichen Bärtierchenforscher Prof. Ferdinand Richters (1849-1914) haben wir schon in einem  früheren Journal  berichtet.

Seiner Rührigkeit verdanken wir unter anderem die Erstbeschreibung des Genus Batillipes mit der ersten Art Batillipes mirus, einem Meeresbärtierchen.
Richters entdeckte die merkwürdigen Wesen nach unermüdlicher Suche in einer Bodenprobe vom Grund der Kieler Föhrde.


[ Batillipes-Tardigrade von der Kieler Föhrde ]

Hinterleib von  Batillipes mirus  mit dem für diese Art charakteristischen Schwanzfortsatz.
Bildbreite ca. 0,2 mm.


Ebenfalls Richters persönliche Leistung ist die Entdeckung des bizarren kleinen Tardigraden Calohypsibius ornatus. Man sollte meinen, der Ausdruck "kleines Bärtierchen" sei ein sprachlicher Fehlgriff (ein Pleonasmus). Aber weit gefehlt, es gibt sie tatsächlich, die kleinen Arten unter den ohnehin schon ultra-miniaturisierten Bärtierchen. Calohypsibius ornatus zählt insofern zu den ganz Kleinen und ist obendrein mit attraktiven Borstenkränzen geschmückt, daher die Artbezeichnung "ornatus".


[ Calohypsibius ornatus ]

Das winzig kleine terrestrische Bärtierchen Calohypsibsibius ornatus, wegen seiner Transparenz und Unscheinbarkeit eine echte Herausforderung, auch für geübte Mikroskopiker.
Weibchen mit reifem Ei. Körperlänge 140 µm. Die Beine werden teils vom Körper abgedeckt oder liegen außerhalb der Schärfeebene (letztes Beinpaar).


Die langjährige Präsenz des Bärtierchenjournals erfordert von der Redaktion ein gewisse Zähigkeit, hat jedoch gleichzeitig den sehr erfreulichen Vorteil, daß sich immer wieder Verwandte von Bärtierchenforschern melden und in uneigennütziger Weise Material beisteuern. Unser Dank für die Bereitstellung und Präsentationserlaubnis gilt diesmal dem privaten Archiv Gunther Dohse.

Aus den unten gezeigten Fotos ist ablesbar, daß sich Ferdinand Richters praktisch sein ganzes Leben, bis hin zu seinem Tod, sehr ernsthaft mit naturkundlichen Fragen beschäftigte. Die Crustaceen der Senckenberg-Sammlung waren ihm wichtig, aber wir übertreiben sicherlich nicht, wenn wir behaupten, daß sein Herzblut, besonders in seinen letzten Lebensjahren den Bärtierchen galt.


[ Ferdinand Richters als junger Mann ]

Ferdinand Richters als junger Mann.
Foto: Archiv Gunther Dohse.


Im Detailausschnitt unten erkennen wir die unvermeidlichen Studienpräparate in Konservierungsflüssigkeitszylindern, weitere tierische Sammlungsobjekte, die Handlupe und das, die Ernsthaftigkeit der Arbeit untermauernde Bestimmungs-buch.


[ Ferdinand Richters als junger Mann, Detail ]

Ferdinand Richters, Detailausschnitt vom obigen Foto: Lupe.
Foto: Archiv Gunther Dohse.


Viele Jahre vergingen, Ferdinand Richters war zwischenzeitlich krank und widmet sich dann wieder mit ganzer Kraft der Forschung. Man beachte die dicht belegte Arbeitsfläche (unten), über die moderne "Consultants" sicherlich die Nase rümpfen würden. Richtige Manager habe ja auch immer leere Schreibtische, vor lauter Tüchtigkeit. Im Gegensatz zum modernen Sterilitätsziel schaufelt Ferdinand Richters seine Lieblinge jedoch nicht kühl beiseite, sondern schart sie um sich, so wie es alle berühmten Naturforscher der vorletzten Jahrhundertwende taten.


[ Ferdinand Richter kurz vor seinem Tod im Jahr 1914 ]

Prof. Ferdinand Richters, im Jahr 1914, kurz vor seinem Tod.
Foto: Archiv Gunther Dohse.


Das Mikroskop rechts im Hintergrund, unter der Glashaube, ein teures Forschungsgerät, dürfte mit Sicherheit Ferdinand Richters Bärtierchenmikroskop gewesen sein:


[ Ferdinand Richter kurz vor seinem Tod im Jahr 1914, Detail ]

Und dieselbe Aufnahme, wiederum als Detailausschnitt, und wieder mit Handlupe.
Foto: Archiv Gunther Dohse.


Alles Gute für 2011!


Literatur

A. Jassoy: Ferdinand Richters. Natur und Volk 46 (1916) S. 168 - 175.

M. Mach: Schmucker Winzling - Das Bärtierchen Calohypsibius ornatus.
Mikrokosmos 98 (2009) S. 9 - 15.


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© Text, Fotos und Filme von  Martin Mach