Enttäuschungen, leere Netze und die Polychäten |
Abb. 1: Blick vom
luftig teilverglasten Hotelbalkon auf eine Bucht vor Rovinj in Kroatien.
Dank Lochblech ein Nicht-zuviel und Nicht-zuwenig an Sonne sowie
freier Blick aufs Meer. |
Abb. 2: Nein, kein oxidierter FC-Bayern-Fußballpokal, sondern ein Delphin im Meer vor unserem Hotel. Diese Aufnahme entstand allerdings bei einer touristischen Beobachtungsfahrt, vom Boot aus. |
Fast schon langweilige Routine war das Einsammeln
diverser Sandproben aus Wassertiefen zwischen einem und zwei Metern.
Ein prüfender Blick durchs Mikroskop im Hotel offenbarte die gewohnte
Charakteristik im marinen Sandlückensystem: Fadenwürmer unterschiedlicher Größe,
sanftelastisch formmutierende Plattwürmer, vereinzelte kreisrunde Diatomeen, Foraminiferen- und Winzschneckengehäuse,
Milben, Muschelkrebse und Ciliaten zwischen winzigen Seeigelstachelfragmenten und Muschelbruchstücken.
Genau das gesuchte Milieu. Außerdem diverses, sich zwischen den Sandkörnchen hindurchschlängelndes
Getier, bei dessen Anblick so mancher Meeresschwimmer heftig erschrecken würde. |
Abb. 3: Grüner Meeresciliat (?), kroatische Adria. Sieht aus wie das grüne Paramecium bursaria der Süßwassertümpelmikroskopiker. Zehntelmillimeterliga. |
Zuhause in München, so dachten wir zumindest, würden sich dann schon die, erfahrungsgemäß weniger häufigen und schwerer zu entdeckenden Bärtierchen finden lassen. Doch leider, jedesmal wenn dort ein winziges Sandkorngewackel ein Meeresbärtierchen erahnen ließ, entpuppte sich der Urheber als ein kleiner Polychät (ein gegliederter Vielborster), in Größe, Bewegungscharakteristik und Segmentierung einem Bärtierchen entsprechend. |
Abb. 4: Polychät aus der Adria vor Rovinj. Dieses Lebewesen krabbelt, genau wie die Meeresbärtierchen, bedächtig kopfwackelnd auf kleinen Sandkörnern herum. Kleiner als 0,5 mm. |
Man findet im Meer übrigens auch wesentlich längere Polychätenvarianten, deren Abbildung wir Ihnen hier ersparen möchten. Soviel sei jedenfalls verraten: Eine Website polychaeta.de hätte im Website-Ranking einen deutlich schwereren Stand als baertierchen.de. Ganz normaler Hominiden-Sympathie-Rassismus. Aber, zumindest die kurzen Polychäten sind doch eigentlich auch recht putzig, nicht wahr? |
convert mp4 to ogg by EasyHtml5Video.com v3.5 Kurzvideo: Polychät aus dem Meer vor Rovinj in Aktion. Beim genaueren Hinsehen offenbaren sich immer mehr Unterschiede zu den Meeresbärtierchen, angefangen von den merkwürdig gedoppelten Augenflecken, über die Positionierung der Kopfanhänge bis hin zu den nach Zahl und Orientierung regellos erscheinenden, namensgebenden Borsten. Ob der Mageninhalt dieses Exemplars (Muschelkrebsbabys in Mengen) einen besonderen persönlichen Essensgeschmack signalisiert oder vielmehr ein Artcharakteristikum offenbart? Wir wissen es nicht. |
Allen Leserinnen und Lesern wünschen wir ein glückliches Jahr 2018, samt vollen Netzen mit dem jeweils gewünschten Inhalt! |
© Text, Fotos und Filme von Martin Mach |