[Titelfragment 1.1] [Titelfragment 1.2] [Titelfragment 1.3]
[Titelfragment 2.1] [Titelfragment 2.2] [Titelfragment 2.3]
[Titelfragment 3.1] [Titelfragment 3.2] [Titelfragment 3.3]

 

Wie bereits im Dezember-Journal angekündigt, werden wir uns in dieser Ausgabe mit den von außen sichtbaren Vorgängen bei der Trockenstarre (Anhydrobiose) der Bärtierchen befassen.
Die Trockenformen der Tardigraden werden wegen ihres kompakten Aussehens auch Tönnchen genannt. Sie sind unscheinbar und deshalb selbst unter dem Mikroskop nicht leicht zu finden. Es handelt sich stets um rundliche, runzelige, mehr oder weniger durchscheinende, farblose bis rötliche Klümpchen:


[Echiniscen auf Glashaar]

Echiniscus-Bärtierchen in Trockenform
auf dem Glashaar eines Moosblattes.
Länge ca. 0,15 mm.


Die Bärtierchen schmiegen sich beim Austrocknen an schützende Pflanzenteile an. Auf diese Weise werden sie im Trockenzustand weniger leicht fortgeschwemmt, das Austrocknen erfolgt langsamer und schonender, die empfindliche Körperunterseite bleibt geschützt.
Im Gegensatz zu den Trockenformen der meisten Rädertierchen mit Längsriefen sind die Bärtierchen-Tönnchen quer gefurcht. Im trockenen Zustand sind die, für die Bärtierchen charakteristische, Speiseröhre und der Schlundkopf häufig nicht deutlich zu erkennen. Diese Strukturen treten bei Wasserzutritt jedoch schlagartig klar hervor (siehe auch Bildserie unten).
Beim langsamen Austrocknen unter günstigen Umweltbedingungen werden eher regelmäßige, kompakte und symmetrische Tönnchen gebildet, eine schnelle Austrocknung führt hingegen zu offenkundig mißlungenen, weniger kompakten Trockenformen, welche unregelmäßig geformt sind, ja manchmal geradezu verbeult wirken und eine dementsprechend größere Oberfläche zeigen.


[Trockenform (Eutardigradenart)]

Besonders regelmäßig ausgebildetes Tönnchen
einer Eutardigradenart. Länge ca. 0,2 mm.


Das zum Teil geradezu rührend friedlich anmutende Aussehen in der Trockenstarre (siehe unten) sollte uns nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Tiere tatsächlich dem Tod nahe sind und daß das Aufwachen sehr anstrengend ist, so daß nicht immer alle Tiere zum Leben zurück finden.


[Trockenform nach Wasserzutritt]

Trockenform direkt nach Wasserzutritt


Nach dem Wasserzutritt lassen sich unter dem Mikroskop unterschiedliche Phasen der Wiederbelebung unterscheiden, welche normalerweise innerhalb von 10 bis 15 Minuten abgeschlossen sind. Die unten zu sehende Bildserie zeigt ein Bärtierchen aus der Macrobiotus hufelandi-Gruppe. Das noch nicht gequollene Tönnchen links mißt 0,3 mm.


Stadium 1 Stadium 2 Stadium 3

 ca. 90 Sekunden nach dem
 Wasserzutritt

 Beginnendes Quellen

 Fortgesetztes Quellen


Stadium 4 Stadium 5 Stadium 6

 Die Gliedmaßen treten hervor

 Der Körper zuckt
 und krümmt sich

 Das Bärtierchen ist aus der
 Zeitmaschine ausgestiegen
 und inspiziert
 die vorgefundene Umwelt

Der aufmerksame Betrachter der Bildserie wird vielleicht einen Sprung zwischen Bild 4 und Bild 5 erkennen. Dies hat folgenden Grund: Die Stadien des Quellens lassen sich am besten bei aufgelegtem Deckglas photographieren. Infolge des extrem hohen Sauerstoffbedarfs beim Aufwachen aus der Trockenstarre wird jedoch der Sauerstoff unter dem Deckglas knapp. Deshalb mußte im vorliegenden Fall nach dem Quellen das Deckglas entfernt werden um das Bärtierchen mit ausreichend Platz und Luft zu versorgen.

Im Februar-Journal werden wir die physiologischen und chemischen Hintergründe der Trockenstarre etwas genauer betrachten. Diejenigen Leserinnen und Leser, welche auf die Kapitel über die Artenbestimmung und zur Anatomie warten, bitte ich um ein wenig Geduld.
Wenn Sie jetzt noch etwas Zeit haben: Die brandneue Bärtierchen-Kurzfilmgalerie ist nur einen schlappen Klick weit entfernt.
Und noch ein besonders wichtiger Punkt zum Schluß: Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern ein erfreuliches Jahr 2001, in dem der Wunsch nach einer rettenden Trockenstarre gar nicht erst aufkommen soll!




Literaturverweise

Hartmut Greven: Die Kryptobiose der Bärtierchen. Mikrokosmos 62 (1973) S. 65-69.



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© Text, Abbildungen und Mikroaufnahmen von  Martin Mach