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10 Jahre Bärtierchen-Journal: der Echiniscen-Finder!

In Anbetracht des 10jährigen Jubiläums möchten wir mit Ihnen, unserer treuen Leserschaft, eine sehr erfreuliche Entdeckung teilen: den Echiniscen-Finder.

Wir haben die Bezeichnung "Echiniscen-Finder" zeitgemäß-zweisprachig angelegt. Falls Sie zu den modischen, gelegentlich ein wenig inhaltsarmen Wortklangwelten der Consultingbranche tendieren, dürfen Sie ruhig von einem "Echiniscen-Feinder" sprechen. Freunde aussterbender Sprachen hingegen seien ausdrücklich ermutigt, ihre immer mehr verblassende, deutsche Muttersprache und deren Klang nicht völlig zu vergessen!

Im Grund sprechen wir nur von einer Lupe, allerdings einer außergewöhnlichen Lupe. Bei Ebay konnte man über die Jahre hinweg mitverfolgen, wie aus 10fach Lupen 20fach Lupen wurden, dann kamen die 30fach Lupen, verweilten kurz als angebliche 45fach Lupen und sind heute bei 60fach angekommen. Das Bizarre an der Geschichte ist, daß fast alle diese Lupen-Vergrößerungen über 20 bei Ebay mehr oder weniger frei erschwindelt sind, sich aber anscheinend trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb so gut verkaufen lassen. Wie schon in einem früheren Journal ausgeführt, haben extrem stark vergrößernde Linsen ohnehin einen sehr geringen Arbeitsabstand (bei 40facher Vergrößerung nur noch 6 mm) und sehr geringe nutzbare Linsendurchmesser. Ein plump-zylindrisches Gehäuse ist demnach bei einer stärker vergrößernden Lupe fehl am Platz. Die heute leider nur noch äußerst selten zu findenden, wirklich stärker vergrößernden Lupen der Firma Leitz hatten deshalb typischerweise konische Gehäuse.


[ uralte Leitz KLapplupe ]

Abbildung einer alten Leitz-Doppel-Klapplupe mit einer starken Vergrößerung (links, konisch zulaufendes Gehäuse) und einer schwächeren Vergrößerung (rechts, zylindrisches Gehäuse).
Die gelben Sektoren zeigen an, unter welchen Winkeln seitliches Hilfslicht einfallen kann.
Abbildung aus Henry Scherrens Klassiker "Through a Pocket Lens "(1897).

Das konische Gehäuse reduziert die seitliche Lichtabschattung, wie in der Abbildung oben durch die gelben Lichteinstrahl-Winkelbereiche angedeutet.

Selbstabschattung und eine generell unzureichende Lichtqualität waren demnach in der Praxis sehr häufig die limitierenden Faktoren der mittleren und stärkeren Auflicht-Lupenvergrößerungen. Insofern bedeutete die Einführung einer integrierten LED-Beleuchtung bei den Lupen einen großen Fortschritt. Sogar vergleichsweise einfache optische Systeme wurden durch die LED-Beleuchtung plötzlich überraschend praxistauglich und übertrafen in der Wald- und Wiesenpraxis aufwendig korrigierte Luxusoptiken, deren theoretisch überlegene Qualität wegen des Lichtmangels, besonders bei ungünstigen Bedingungen im Freien, einfach nicht mehr zum Tragen kam.

Die Einführung der diffusen, schattenlosen LED-Beleuchtung mit Hilfe eines Mattierungsrings brachte eine weitere Steigerung der erzielbaren Bildqualität:


[ Lupe mit diffusem LED-Licht ]

"6 LED"-Lupe mit diffusem Licht. Ansicht von unten auf den Mattierungsring mit den LEDs. Bezugsquelle: Internationales Ebay.


Und jetzt kommt sie, die eigentliche Sensation: Das hier eingesetzte LED-Licht läßt die farblose Cuticula der, ansonsten recht unscheinbaren, Echiniscen-"Tönnchen", d.h. der Echiniscen-Trockenformen, deutlich blau erscheinen!

Warum das so ist? Wir vermuten, daß hier der aus der Schulphysik bekannte Effekt "Farben dünner Blättchen" (manche sagen auch "Farben dünner Plättchen") an der Bärtierchen-Cuticula eine intensiv blau erscheinende Interferenz bewirkt, wie unten, stark herausvergrößert, zu erkennen ist:


[ Echinisce bei LED-Licht ]

Einzelnes Echiniscen-Bärtierchen, bei mittlerer Vergrößerung unter LED-Licht betrachtet. Die Cuticula erscheint intensiv blau.


Sogar bei nur 10facher (!) Vergrößerung sind in diesem LED-Licht größere Individuenzahlen eingetrockneter Echiniscen direkt auf den Moospflänzchen ohne weitere Hilfsmittel gut zu erkennen.


[ Lupe mit diffusem LED-Licht ]

Moospflänzchen, durch eine "6 LED"-Lupe im diffusen LED-Licht betrachtet. Die vielen blauen Punkte im Wurzelbereich sind allesamt eingetrocknete Echiniscen, die nur ca. 50 µm lang sind und deshalb normalerweise nicht mehr deutlich zu erkennen wären. Die blaue "Pfefferung" ist auf den Moospflänzchen jedoch sehr auffällig und charakteristisch.


Die "6 LED"-Lupe kommt aus China. Eine entsprechendes westliches Produkt ist der Redaktion nicht bekannt, so daß man von einer chinesischen Eigenentwicklung ausgehen muß. Und noch etwas ist bemerkenswert: Diese Lupen enthalten eine optisch makellose Triplett-Optik und sind nicht, wie manch andere Ebay-Lupen "Triplet"-Etikettenschwindler. Die exzellente Qualität bei wirklich niedrigem Preis (inklusive Versand unter 20 €) beweist wieder einmal, wie verrückt unsere Welt geworden ist. Für dieses Geld bekommen Sie hierzulande mit Mühe ein bescheidenes Pizza-Essen für zwei Personen - ohne Salat, versteht sich.

Auf alle Fälle können Sie ab sofort, und das ist wirklich weltweit neu, Ihre Proben ohne Wässern auf Echiniscen prüfen. Viel Erfolg!


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© Text, Fotos und Filme von  Martin Mach