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Das kleinste Mikroskop der Welt (IV)

In den drei jüngsten Journalen hatten wir ein winziges, quasi lediglich halbdaumengroßes Durchlichtmikroskop vorgestellt. Hier nochmal das Erinnerungsbild:


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Abb. 1: Ein ultrakleines "stand-alone" Durchlichtmikroskop. Höhe 27,1 mm, maximaler Durchmesser 20 mm. Durchmesser auf der Standfläche ca. 16 mm. Dieser Durchmesser entspricht, wie bereits früher erwähnt, ziemlich genau dem einer 1 Cent Münze. Gewicht 19,8 g.

Letzter zu klärender Punkt wäre nun noch die Bärtierchentauglichkeit des Geräts. Diese lässt sich gut an Hand eines Bärtierchengeleges demonstrieren.

Vorab möchten wir allerdings noch auf eine klassische Schwierigkeit und gleichzeitig Zwickmühle der Mikrofotografie hinweisen. Einerseits soll das mikroskopische Bild etwas Reales, tatsächlich Existierendes dokumentieren, andererseits soll es natürlich möglichst schön anzuschauen sein. Mindestens so wie das folgende Bild:


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Abb. 2: Fast ideal ausgebildetes Bärtierchengelege mit fünf intakten Eiern. Obwohl hier die Bärtierchenmutter ihre Cuticula zwangsläufig verlassen haben muss, ist die Ausgangsöffnung am Hinterende (im Bild links) fast unsichtbar geblieben. Die mit der alten Cuticula abgelegten Krallen von immerhin acht Füßchen sind jedoch noch erkennbar oder zumindest erahnbar. Bildbreite ca. 0,3 mm. Attraktive Dunkelfeldbeleuchtung an einem großen Meopta-Forschungsmikroskop. Digitalfoto mit (fast schon zu) hoher Farbsättigung.

Es ergibt sich der klassische "Schöner Wohnen"-Konflikt: Unordnung, Asymmetrie, Krankheit, Armut und Verzweiflung will praktisch niemand in ungeschminkter Realität sehen. Dem Handy-Fotografen wird in realen Lebenssituationen mit Weichzeichner und krachigen Farben geholfen, allerdings meist eher zu viel geholfen. Der Profi-Fotograf bedient sich anderer Hilfsmittel wie der Schwarz-Weiss-Aufnahme ("arty"), perfektionierter Technik, ungewöhnlicher Perspektiven und Lichtstimmungen. Häufig erfolgt eine Nachverarbeitung der Fotos im deutlich flexibleren, fotografischen RAW-Format oder wenigstens eine rudimentäre manuelle Tonwertkorrektur. Aber, mal ganz ehrlich, wer von uns verträgt schon die geballte existentielle Hoffnungslosigkeit und kosmische Absurdität in ihrer hochkonzentrierten Form? Auch ein typisches Bärtierchengelege sieht nun mal eher unordentlich und unattraktiv aus:


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Abb. 3:Ein ähnliches, jedoch "weniger schönes" Bärtierchengelege mit nur drei Eiern und niedrigerer Symmetrie, in der weniger attraktiven Hellfeldbeleuchtung. Aufnahme an einem großen Meopta-Forschungsmikroskop.

Aber auch das Winzmikroskop von Abb. 1 ist durchaus in der Lage, die wesentlichen Charakteristika eines derartigen Geleges zu zeigen:


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Abb. 4: Gelege wie in Abb. 3, jedoch am Kleinstmikroskop (Abb. 1) aufgenommen. Noch ein wenig weniger schön, aber mit immer noch markant erkennbaren, charakteristischen Details.

Das Kleinstmikroskop kann weiterhin zeigen was passiert, wenn sich ein derartiges Gelege in die Trockenform begibt:


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Abb. 5: Dehydratisiertes Gelege im Trockenzustand, ebenfalls mit dem in Abb. 1 gezeigten Kleinstmikroskop fotografiert. Das Gelege erinnert nun entfernt an in Kunststoff eingeschrumpftes Gemüse, ist nur noch sehr schlecht als solches erkennbar.

Klar, das letzte Ergebnis ist nun noch weniger nikon-fotopreis-verdächtig. Es eignet sich jedoch gut um zu verdeutlichen, warum wir solche Gelege unter dem Mikroskop normalerweise nur in der gewässerten, d.h. fotogen entpackten und deshalb umso markanteren Gestalt erkennen.

Summa summarum eignet sich das ultrakleine Mikroskop durchaus, um interessante biologische Charakteristika sichtbar zu machen. Okay, naturgemäß weniger detailreich, farb- und kontrastschwächer als das große Mikroskop.

Der Hauptnachteil für uns Bärtierchenbeobachter liegt allerdings in der Handhabung: Die jeweils interessierenden Objekte sollten beim Kleinstmikroskop vorzugsweise in größerer Menge, möglichst flächendeckend vorhanden sein, so wie es bei Pollen, Algenblüten, Vulkanstaub etc. der Fall ist. Bei den Bärtierchen gibt es derartige Massenaufkommen allerdings nur selten. Ohne besondere präparatorische Kunstgriffe werden wir die meisten von ihnen im Kleinstmikroskop einfach übersehen.

Aber immerhin, ein wunderbares James-Bond-Gadget!



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© Text, Fotos und Filme von  Martin Mach