Das Bärtierchen-Journal
[Titelfragment 1.1] [Titelfragment 1.2] Titelfragment 1.3]
[Titelfragment 2.1] [Titelfragment 2.2] [Titelfragment 2.3]
[Titelfragment 3.1] [Titelfragment 3.2] [Titelfragment 3.3]


Das Aufwachen aus der Trockenstarre selbst nachvollziehen (1)

Für alle neu hinzugekommenen Leserinnen und Leser zeigen wir vorab ein Echiniscus-Bärtierchen. Es stammt von einer der Isarbrücken in München. Über die Bewohner dieser erstaunlich dicht besiedelten Bärtierchen-Großstadt-Biotope werden wir etwas später in diesem Jahr ausführlicher berichten.


[ Anhydrobiose der Bärtierchen (1) ]

Abb.: Echiniscus-Bärtierchen aus München.
Beachten Sie bitte
die beiden deutlich erkennbaren roten Augen sowie den mit grünem Moosbrei gefüllten Magen.
Körperlänge 0,25 mm.


Auf vielfachen Wunsch beginnen wir heute mit einem experimentellen Kapitel, welches für Kinder im Schulalter (mit Unterstützung von Eltern oder Lehrern) gedacht ist: Wir werden einige Bärtierchen in die Trockenstarre versetzen und nach einem Monat ins aktive Leben zurückholen.

Eine Bitte vorweg: Zur Belohnung setzen wir die Bärtierchen nach dem Experiment in ein eigens vorbereitetes, angefeuchtetets Moospolster zurück.

Vorgehensweise: Ein kleines Moospolster, vorzugsweise von einer Mauer oder ein Pflasterritzenmoos, wird kopfüber in eine Petrischale (*) mit mittelhartem Leitungswasser getaucht, wie in unserem Artikel von  August 2000  beschrieben. Man achte darauf, daß nicht zuviel Erde mit eingebracht wird. Entionisiertes Wasser (destilliertes Wasser) funktioniert übrigens auch, weil das Moos ein Minimum an Salzen beisteuert. Die Petrischale sollte möglichst kühl, vor allem aber ohne Sonne mindestens einige Stunden oder auch über Nacht stehen gelassen werden. Das Moospolster wird herausgenommen und der Bodensatz in der Petrischale mit Hilfe eines Stereomikroskopes auf Bärtierchen untersucht. Ein oder zwei Bärtierchen fischen wir mit einer Tropfpipette (*) aus der Petrischale heraus und setzen sie zusammen mit sehr wenig Wasser in eines unserer  Mikroaquarien  ein.
Die ideale Wassermenge können wir vorher - ohne Bärtierchen - wie folgt ermitteln: Die Größe des Wassertropfens sollte so bemessen sein, daß die Bärtierchen ohne unnatürlichen Streß eintrocknen können, am besten über 6 bis 7 Stunden hinweg. Kühl und dunkel eintrocknen lassen. Geringe Undichtigkeiten unseres Mikroaquariums stellen sicher, daß der Wassertropfen bei ausreichender Größe im geschlossenen (!) Mikroaquarium entsprechend langsam verdunstet. Wir können die Bärtierchen auch auf ein kleines Moosblättchen pipettieren und dort eintrocknen lassen, weil dies ihrem Bedürfnis nach einem bauchseitigen Schutz entgegenkommt. Es geht jedoch auch ohne Moosblättchen. Idealerweise sind die Bärtierchen nach dem Eintrocknen rundlich-symmetrisch und einigermaßen gleichmäßig gerunzelt:


[ Anhydrobiose der Bärtierchen (2) ]

Abb.: Verschiedene Bärtierchenarten im Trockenzustand, auf einem Moosblättchen haftend. Ziemlich genau in der Bildmitte, glasklar, ein Eutardigraden-Tönnchen, umgeben von farbigen Echiniscen.


Der eindunstende Tropfen hinterläßt einen matten Fleck, in welchem die Bärtierchen mit bloßem Auge praktisch nicht mehr zu erkennen sind.


[ Anhydrobiose der Bärtierchen (3) ]

Abb.: Der kleine Wassertropfen ist im (geschlossenen) Mikroaquarium langsam vollständig eingedunstet und hat einen weißlichen Salzfleck von mehreren Millimetern Durchmesser hinterlassen.


Bei Lupenvergrößerung (10fach) oder im Stereomikroskop sind die Tönnchen auf dunklem Untergrund allerdings leicht wiederzufinden.


[ Anhydrobiose der Bärtierchen (4) ]

Abb.: Salzfleck bei Lupenvergrößerung.
Ein Tönnchen von Milnesium tardigradum ist als winziges, rotes Pünktchen zu erkennen.
Vorsicht vor Staub und Fusseln.


Im Mikroskop, bei etwa 100facher Vergrößerung zeigen sich runzelige Strukturen, manchmal schaut eine Kralle oder ein Haar hervor, oder man erkennt andeutungsweise den Mageninhalt oder die Speiseröhre.


[ Anhydrobiose der Bärtierchen (5) ]

Abb.: Tönnchen von Milnesium tardigradum im Lichtmikroskop (Auflicht).
Länge ca. 0,15 mm.


Wenn wir das Wiederaufwachen live mitverfolgen möchten, gibt es einige Regeln zu beachten - schließlich wollen wir die Bärtierchen bestmöglich behandeln und natürlich auch etwas zu sehen bekommen.
Sie dürfen während des Wässerns nicht zu stark erhitzt werden, benötigen ausreichend Sauerstoff und Bewegungsfreiraum.
Im nächsten Journal werden wir deshalb detailliert beschreiben, wie man - mit ein wenig Geduld - den faszinierenden Aufwachvorgang am Mikroskop beobachten kann, mit welchen Problemen wir dabei rechnen müssen und wie wir ihnen begegnen.


(*) Geräte:
Petrischalen und die sogenannten Tropfpipetten kann man im Internet oder auch via Ebay bestellen (Stichwort: Biologiebedarf, Laborbedarf). Tropfpipetten, wie sie in manchen Medikamentenflaschen eingebaut sind, eignen sich nicht so gut wie die normalen, lang ausgezogenen Pipetten aus dem Laborbedarfshandel.



Hauptseite



© Text und Fotos von  Martin Mach