[Titelfragment 1.1] [Titelfragment 1.2] Titelfragment 1.3]
[Titelfragment 2.1] [Titelfragment 2.2] [Titelfragment 2.3]
[Titelfragment 3.1] [Titelfragment 3.2] [Titelfragment 3.3]



Thai-Tardies (I)

Leider erlaubt das, zwangsläufig bescheidene, Reisebudget der Redaktion des Bärtierchen-Journals nur sehr moderate Aktivitäten, wie zum Beispiel die, in einer früheren Ausgabe geschilderte,  Linienbus-Expedition  nach Kiel.

Deshalb freuen wir uns natürlich ganz besonders, wenn Fernreisende ab und zu kleine Proben von exotischen Lokalitäten beisteuern. Die hier vorgestellte Sandprobe stammt von einem Ehepaar, welches im Marriott-Hotel von Hua Hin (Thailand) Urlaub machte. Direkt vor dem Sandstrand des Hotels, etwa 30 m meerwärts befand sich eine kleine Sandbank, von der die Sandprobe entnommen wurde. Wenn Sie bei Google Maps® mittels "Copy-Paste" die folgenden Koordinaten eingeben, erhalten Sie eine brauchbare Luftansicht des Szenarios mit den ringförmig angelegten Bauten des Marriot-Hotels am Festland.

12.561915   99.963650

Klar, es wird in den letzten Jahren das eine oder andere Touristenhotel gebaut worden sein - unseren Wasserbären ist das allerdings ziemlich schnuppe. Wir können zum Beispiel auch davon ausgehen, daß die unten gezeigten Holothurienfischer (Seegurkenfischer) im selben Wasserbären-Sandszenario lebten, natürlich ohne sich der Wasserbärenwelt bewußt zu sein. Vermutlich hatten die Fischer sogar regelmäßig das Bärtierchen Tetrakentron synaptae im Netz, welches auf den Mundtentakeln der Seegurken ein parasitäres Leben führt.



[ Seegurkenfischen in Siam ]

Seegurkenfischer in Siam, 1863 (das heutige Thailand existierte zu dieser Zeit noch nicht). Die Abbildung stammt aus Henri Mouhots Reisebericht "Voyages dans les royaumes de Siam ... 1858-1861" (publiziert 1863) und basiert auf den allerersten Photographien dieser Region, die man damals allerdings noch nicht drucken konnte und deshalb zu einem druckfähigen Stich retrokonvertieren mußte.


Es lag uns allerdings fern, eine friedliche Seegurke zu meucheln, mal ganz abgesehen von den Transportschwierigkeiten für unser befreundetes Ehepaar und dem zu erwartenden Zöllnerstaunen. Wie das direkt auf den Seegurken-Mundtentakeln lebende  Tetrakentron synaptae  aussehen würde, können Sie, wenn Sie wollen, online beim Entdecker dieser Spezies, Lucien Cuénot, und zwar in seinem  Tardigraden-Lehrbuch  (no. 24, auf S. 31) nachschauen.

Der, aus den geschilderten Gründen völlig seegurkenfreie, nasse Sand, in einer altmodischen Filmdose geliefert (zusammen mit einer zweiten Dose, die reines Meerwasser enhielt) sah aus wie folgt:



[ Thialand Sandprobe ]

Die Sandprobe im Lupenmaßstab, mit einem Flachbett-Computerscanner aufgenommen.


Erst bei stärkerer Vergrößerung lassen sich die gleichmäßig großen, feinen Sandkörnchen besser beurteilen und ausmessen:



[ Thailand Sandprobe ]

Die Sandprobe unter dem 'richtigen' Mikroskop, im Durchlicht


Nun begann das, hier schon des öfteren geschilderte, mühsame Sandkorn-Zwischenraumabsuchen. Nach einigen Stunden fand sich eine  Batillipes  Cuticula! So eine frei flottierende Cuticula hatten wir in den Sandproben von anderen Fundorten noch nie gesehen.



[ Cuticula eine thailändischen Tardigraden ]

Eine leere Cuticula ist ein klarer Hinweis: Hier leben Bärtierchen!
Man beachte den Riß an der Oberseite der Cuticula, durch den das Bärtierchen nach den Häutung entwichen ist.


Wo eine Cuticula ist, sollten auch die zugehörigen Bärtierchen nicht weit sein. Wir werden sie in der nächsten Ausgabe zeigen.



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© Text, Fotos und Filme von  Martin Mach