Mikroskop-Oldtimer und das fotografische Universalheilmittel M42 (I) Es geht in diesem und den folgenden Journalen
- wieder mal - um praktikable Lösungen für die Bärtierchen-Beobachtung
und die Bärtierchen-Fotografie. Klar, mechanisch hochwertig, ultrapreiswert,
stackingsoftwaretauglich, universell einsetzbar und nicht zu sperrig soll das
Ganze sein - man will die Teile ja auch mal unterwegs einsetzen. Somit stünden
gleich wieder die wunderbaren Eigenschaften einer eierlegenden Wollmilchsau auf dem Wunschzettel. |
Abb. 1: Leitz Stereomikroskop FG II,
Baujahr 1961. Höhe 25 cm, Gewicht 2305 Gramm. Dieses Mikroskop wurde in mehreren
Optik-Ausstattungsvarianten angeboten. Wir haben uns, angesichts unserer
wirklich winzigen Prinzen und Prinzessinnen die am stärksten
vergrößernde Variante gekauft, und zwar die mit den 15er Okularen
und einer Gesamtvergrößerung von 30fach. Dies ist für die
terrestrischen Bärtierchen optimal und reicht auch für die, noch eine Nummer
kleineren Meeresbärtierchen aus. Man beachte ganz nebenbei den Stilbruch
vom altehrwürdigen Instrumentenschwarz zum damals wohl als modischer erachteten,
grauen Hammerschlaglack. |
Zugegeben, der Kauf war ein Schuss ins Blaue. Den altgedienten Mikroskopiker beschleichen beim Blick auf obiges Bild so einige Zweifel: Ist das Öl im Fokustrieb womöglich verharzt? Nein, ist es nicht.
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Beginnen wir mit dem letzten Punkt, dem Stacken. Ausnahmsweise hatten wir mal kein Bärtierchen-Tönnchen zur Hand. Es ist deshalb das pochende Herz einer Swatch geworden (der Rotor des Schrittmotors in einer Swatch®-Armbanduhr): |
Abb. 2: Aufnahme des, von vorne durch das Uhrglas sichtbaren Magnetrotors einer Melodiewecker-Swatch "Musicall Blue through" (Baujahr 1995). Die Musicall Blue through hat, wie der Name schon andeutet, ein durchbrochenes Ziffernblatt, das den Blick auf die elektronischen Innereien freigibt. Die Aufnahme wurde mit dem in Abb. 1 gezeigten Leitz Stereomikroskop angefertigt. Das gezeigte Endbild entstand mit Hilfe der Stacking Software "Zerene Stacker" aus 10 Einzelaufnahmen. Den Nikon Mikroskopie-Fotowettbewerb werden wir mit diesem Foto sicherlich nicht gewinnen. Es reicht aber aus, um die grundsätzliche Wirkungsweise der beiden Stifte des winzigen Schrittmotor-Rotors gegenüber dem zentralen Zahnrad zu dokumentieren. Auf Bärtierchen-Verhältnisse übersetzt misst der Durchmesser der goldgelben Deckplatte des Schrittmotors 10 Echiniscen-Körperlängen (3 Millimeter). |
Abb. 3:
Der oben gezeigte Schrittmotor befindet sich auf der Swatch Musicall blue through
fast zentral, in Position 1 Uhr. Die Gehäusebreite der Uhr
beträgt ca. 100 Echiniscen (33 mm). Man beachte die
im Durchlicht schwebend erscheinenden Kupferdrahtspulen - "Blue through (!)" |
Wenn die Aufnahmebedingungen günstiger sind als bei der, schwieriger zu beleuchtenden Armbanduhr, können wir mit dem Leitz-Stereomikroskop sogar noch einen nur 2 mm (!) breiten Objektbereich mit immer noch einigermaßen befriedigendem Ergebnis abbilden: |
Abb. 4: Detail des Druckkopfes eines Tintenstrahldruckers. Zentraler Bildausschnitt eines mit Hilfe des Leitz Stereomikroskopes aufgenommenen Fotos. Objektbreite 2 mm. |
Ein weiteres Bildbeispiel: |
Abb. 5: "Zwergdiamanten" (für eine kommerzielle Nutzung zu kleine Diamanten). Hier zeigt sich eine, bei voller fotografischer Sehfeldnutzung im Randbereich abfallende Bildqualität, welche allerdings im Falle der Bärtierchen nicht ernsthaft stören würde. Bildbreite 5,5 mm. |
Okay, es hat natürlich nicht gestimmt, dass wir kein Tönnchen zur Hand hätten. Das Stacking-Bild von der Swatch musste halt auch gezeigt werden. Aber hier kommt es jetzt, das "Tönnchen": |
Abb. 6: Bärtierchen-"Tönnchen", mit dem Leitz Stereomikroskop fotografiert. Bildbreite 5,5 mm. Das Ausschnittfenster wurde um ca. Faktor 2 nachvergrößert und etwas nachgeschärft. In dieser Situation sind allerdings die Grenzen des 2fach Objektivs definitiv ausgeschöpft. Mehr sollte man fairerweise von einem Stereomikroskop auch nicht erwarten. |
Wie der simple Foto-Adapter für das Leitz Stereomikroskop beschaffen ist? Und wie man die vermeintliche Foto-Untauglichkeit des Greenough-Typs gut kompensieren kann? Das verraten wir in der nächsten Ausgabe des Journals. |
© Text, Fotos und Filme von Martin Mach |