Exkurs: das Coronavirus, die Blu-ray und das Lichtmikroskop (I) |
Abb. 1: Die Computermedien CD, DVD und Blu-Ray im Feinstrukturvergleich. |
Ein Blick in die Fachliteratur stimmt nun allerdings nicht besonders optimistisch: |
Aber, wie heißt es doch so schön: Probieren geht über Studieren! Nach einer umfassenden Marktrecherche entschlossen wir uns zur Beschaffung einer Blu-ray Disc ("The King Maker", für 2,21 EUR inklusive diverser Hüllen und Versand, ergibt somit knapp 50 Cent pro Nahkampfwaffe auf dem Cover ...). Als Antidot zu dem auf der Scheibe zelebrierten, idiotischen Gemetzel empfiehlt sich folgende, die Abspielbarkeit fürderhin-fürsorglich unterbindende Präparation: Mit Hilfe eines Tapeziermessers schneiden wir aus der Blu-ray ein rechteckiges Stück in Objektträgergröße heraus, und ziehen die 0,1 mm starke Schutzfolie von der Unterseite ab. Dann mikroskopieren wir altbacken, mit Weißlicht, ohne Scantechnik, STED oder andere verfeinernde Kunstgriffe. Hier das Ergebnis: |
Abb. 2: Lichtmikroskopisches Foto
der Spuren (und Pits) auf einer Blu-ray Disc. Das rot markierte Fenster ist links
um Faktor 2 nachvergrößert. Die kleinsten, hier noch erkennbaren
Strukturen entsprechen in ihrer (scheinbaren) Größe näherungsweise dem Coronavirus! |
Möchten Sie nun wissen, warum im Internet bislang anscheinend keine weiteren Fotos von den Blu-ray Pits zu finden sind, die mit Hilfe von ganz normaler Hellfeld-Durchlicht-Mikroskopoptik entstanden sind? Und warum so manche "Super resolution"-Publikationen behaupten, die Blu-ray Pits lägen unterhalb der lichtmikroskopischen Auflösungsgrenze? Und warum Abbe trotzdem recht hat? Schauen Sie einfach nächsten Monat wieder ins Bärtierchen-Journal! |
Praktische Hinweise zur Mikroskopie von CD, DVD und Blu-ray |
Abb. 3: Zum Vergleich. Lichtmikroskopisches Foto der Pits auf einer Computer-CD - easy! |
Bei der DVD (mittelschwer) liegen die Pits zwischen zwei 0,6 mm dicken Kunststoffschichten. Am einfachsten ist es, die Scheibe brachial zu zerstören und in den Bruchstücken nach der metallisierten Fläche zu suchen, die dann direkt anvisiert werden kann. Die DVD Pits erkennt man ab einem 40x/0,65 Objektiv. Wer sich Schwierigkeiten ersparen will, arbeitet jedoch von vornherein mit einem 0,95er Trockenobjektiv oder einer Ölimmersion. |
Abb. 4: Zum Vergleich. Lichtmikroskopisches Foto der Pits auf einer Computer-DVD. |
Bei der Blu-ray (lichtmikroskopisch anspruchsvoll!) haben wir immerhin nicht mit der experimentellen Zugänglichkeit zu kämpfen: Die Pits liegen auf der beschriftungsfreien Unterseite, und zwar unter einer 0,1 mm starken Folie, die sich leicht abziehen lässt. Okay, die Blu-ray ist dann natürlich kaputt. Und man lasse sich nicht zu vorschnellen Jubelschreien hinreißen, falls in der Nähe des zentralen Spindellochs Pits in DVD-Format zu erkennen sein sollten - das gilt nicht! Haben Sie die Blu-ray Pits selbst an Ihrem Mikroskop gesehen? Ja? Dann dürfen Sie Urwaldschreie ausstoßen und mit beiden Fäusten auf Ihre stolzgeschwellte Brust klopfen - ja genau, wie Tarzan! Anschließend begeben Sie sich zurück auf "Start", legen 100 € Angeber-Strafe in die Gemeinschaftskasse und können neue mikroskopische Herausforderungen in Angriff nehmen ... |
Literatur |
© Text, Fotos und Filme von Martin Mach |