Es bedarf nun keiner besonderen Phantasie um zu erkennen,
dass die Sonnenlichtmethode unter noch extremeren Bedingungen, etwa bei der
im letzten Journal gezeigten Coddington-Lupe mit nur 3 mm Arbeitsabstand und
nicht demontierbarer, vertieft angebrachter Linse ihre Grenzen erreicht.
Folgende, wissenschaftshistorisch interessante Episode mag uns Amateuren gleichermaßen als
Anreiz zum eigenen Experimentieren, aber auch als Mahnung zur deduktiven Bescheidenheit dienen:
Lange hatte man über die genaue Beschaffenheit der berühmten "Utrecht"-Linse
des Mikroskopie-Urvaters Antoni van Leeuwenhoek gerätselt. Ultraklein ist sie,
laut jüngster Neutronentomographie-Messung nur ca. 1,3 mm im Gesamtdurchmesser,
in einem kostbaren Originalinstrument von Leeuwenhoek verbaut und
dementsprechend unberührbar (das Instrument durfte zur Vermessung
der Linse nie demontiert werden!).
Ein ausgefuchster Spezialist, Jan van Zuylen (siehe Link unten), war 1981 auf der Basis
fortgeschrittener strahlenoptischer Betrachtungen und experimentell anspruchsvoller Messungen
an der schlecht zugänglichen Utrecht-Linse zu dem Ergebnis gelangt, sie sei nicht primitiv-kugelförmig,
sondern müsse auf glasbläserischem Weg in eine asphärische Form gebracht worden sein.
Antoni van Leeuwenhoek kam deshalb - wenn auch sehr spät und nur vorübergehend -
in den Genuss eines weiteren "First", nämlich der Herstellung asphärischer Linsen!
Leider kollabierte der so gewonnene Ruhm, als jüngst ein niederländisches Forscherteam [siehe unten, Cocquyt 2021]
mit Hilfe der Neutronentomographie nachwies, dass sich van Zuylen anscheinend doch ein
klein wenig vermessen hatte. Wie auf dem von Cocquyt publizierten Neutronentomographiebild
klar zu erkennen, ist die Utrecht-Linse nämlich doch nur eine schnöde kleine Glaskugel,
deren Entstehungsweise sich an Hand eines charakteristischen Glasstielfragments verrät.
Sie sieht im x-y-Neutronendurchstrahlungsbild nämlich exakt so aus wie eine
neuzeitliche Experimentallinse des Leeuwenhoek-Spezialisten und Mikroskopie-Amateurs Klaus Meyer [Klaus Meyer 1991]:
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