[Titelfragment 1.1] [Titelfragment 1.2] Titelfragment 1.3]
[Titelfragment 2.1] [Titelfragment 2.2] [Titelfragment 2.3]
[Titelfragment 3.1] [Titelfragment 3.2] [Titelfragment 3.3]

"Wie alt wird eigentlich so ein Bärtierchen?" - Eine eigentlich einfache und klare Frage, und trotzdem kann sie niemand präzise beantworten. In Gefangenschaft wurden Bärtierchen maximal ein Jahr am Leben gehalten, wobei jedoch nur sehr selten ein natürlicher Alterstod beobachtet wurde. Unter den natürlichen Bedingungen, z.B. in einem Moospolster, ist es unmöglich, die Vita einzelner Individuen mitzuverfolgen, weil die Moose so wenig Einblick erlauben, andererseits jedoch Schutz und Lebensbasis der Bärtierchen sind. Nimmt man die Moose weg, lassen sich die Bärtierchen zwar gut beobachten, die Lebensbedingungen sind jedoch vom Normalzustand weit entfernt und wirken vermutlich lebensverkürzend.
Erschwerend kommt hinzu, daß, wie wir in früheren Ausgaben des Journals gesehen haben, die Bärtierchen mühelos Austrocknungszeiten von fünf Jahren und mehr überstehen, und das womöglich vielmals, wodurch wir durchaus in den Bereich der Lebensspanne eines Menschen oder einer Schildkröte kommen.
Da wir das Rätsel der Gesamtlebensdauer auf diese Weise nicht befriedigend lösen können, bleibt nichts anderes übrig, als unsere Aufmerksamkeit auf Augenfälligeres zu richten.
Die menschliche Lebenserfahrung hat uns gelehrt, Zeichen des Alters wahrzunehmen und einzuschätzen. Bei den Menschen sprechen Veränderungen der Haut ("Altersflecken"), vorwitzige Haare im Bereich der Nase, der Augenbrauen, ja sogar in den Ohren eine deutliche Sprache. Völlig trivial erscheint die Einsicht, daß ältere Menschen sich zielgerichtet und kräftesparend bewegen müssen, während junge wegen ihrer unbedachten und nervenden Bewegungen gescholten werden. Denken wir auch an das sich über die Jahre hinweg anhäufende Körperfett und die Tendenz zum Mittagsschläfchen. Alle diese menschlichen Erfahrungen führen dazu, daß auch ein Laie ohne weiteres ein altes von einem jungen Bärtierchen unterscheiden kann. Alte Tiere wirken eher derb, dick, groß und kräftig. Der Kopf ist im Vergleich zum schweren Rumpf und den breiten Schultern eher klein, die Bewegungen erscheinen bedächtig, manchmal schwerfällig. Werfen wir einen Blick auf den massigen Hinterleib eines Bärtierchen-Seniors:


[älteres Tier]

Hinterleib und Beine eines älteren Bärtierchens (Echiniscus mediantus).
Bildbreite ca. 150 µm.


Schon wegen des Gesamteindrucks, aber auch wegen des Aussehens der Panzerplatten, drängt sich der Vergleich mit einem Nashorn geradezu auf:


[Nashorn, Pisa]

Nashorn-Abbildung auf einer der Bronzetüren am Dom von Pisa.


[Nashorn, Kleinplastik]

Kleinplastik "Nashorn"


Analog zu den Altersflecken bei älteren Menschen finden wir bei älteren Bärtierchen kugelförmige Einschlüsse (Vakuolen) im Gewebe. Auch die Struktur der Panzerplatten erinnert zunehmend an ein altes, narbiges Leder.


[älteres Tier, Detail]

Panzerplattenfuge auf dem Rücken eines älteren Echiniscus-Bärtierchens.
Die vielen intensiv roten Vakuolen weisen auf ein hohes Alter hin.
Stark vergrößert.
Bildbreite ca. 50 µm.


Das unten gezeigte, weitere Detail, ein nach links oben ausgestrecktes Bärtierchen-Hinterbein, zeigt neben den roten Vakuolen unten im Bild unregelmäßig gestreute, braune Flecken, welche an Leberflecken erinnern.


[älteres Tier, Detail]

Detailaufnahme eines Hinterbeines (älteres Echiniscus-Bärtierchen).
Schön zu erkennen: Die Dornfalte in Form eines zackenbewehrten Bügels.
Auch hier deuten die roten Vakuolen und die vielen weiteren Flecken auf ein höheres Alter hin.


Häufig stellt man auch fest, daß die älteren Tiere im Vergleich zu anderen Tieren derselben Gruppe deutlich mehr Zeit brauchen, um aus der Trockenstarre zu erwachen und es -leider- manchmal überhaupt nicht mehr schaffen.

Nachdem wir uns mit der Last des Alters auseinandergesetzt haben, werden wir uns in der nächsten Ausgabe jugendlichen Bärtierchen zuwenden und deren Charakteristik durch einige rührende Porträts untermalen.





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© Text und Mikrofotos von  Martin Mach