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[Titelfragment 2.1] [Titelfragment 2.2] [Titelfragment 2.3]
[Titelfragment 3.1] [Titelfragment 3.2] [Titelfragment 3.3]



Die Bärtierchen und das polarisierte Licht (II)

Anmerkung in eigener Sache: Es gibt eine Reihe denkbarer Fragen an das Bärtierchen-Journal, vor denen wir ein wenig Angst haben. Merkwürdigerweise wurden jedoch alle diese Fragen bislang nicht gestellt. Eine lautet: "Warum verwendet Ihr eigentlich ausgerechnet diese furchtbar abgedroschene Schrift, Comic Sans MS? Ist das nicht ein wenig unsachlich, quasi überzuckert?" Wir könnten in dieser Situation natürlich einfach antworten, Design und Layout seien uns eben ganz einfach schnurzpiepegal. Noch viel wirkungsvoller erscheint jedoch der Verweis auf eine positive Besprechung unserer Website, in der ausgerechnet ein erklärter Comic Sans MS Kritiker freundlicherweise attestiert, diese Schrift sei in unserem speziellen Fall ausnahmsweise exakt die richtige!
Glück muß man eben haben, auch bei den Besprechungen :-).


Bevor wir nun wieder das polarisierte Licht "einschalten" (auch mental!) sollten wir uns überlegen, was wir damit bei den Bärtierchen erwarten. Es geht natürlich um die Stilette, bei denen die meisten Leserinnen und Leser schon irgendwie ahnen oder auch wissen könnten, dass sie aus einem vergleichsweise harten, mineralischen Material bestehen müssen. Fassen wir deshalb kurz zusammen, was wir über die Bärtierchenstilette wissen:

Aussehen und Morphologie der Stilette
Die Stilette sind bei den einzelnen Genera unterschiedlich lang, unterschiedlich dick, gerade bzw. gekrümmt, auf der ganzen Länge annähernd gleich stark bzw. an der Wurzel verdickt und können noch weitere geometrische Feinheiten aufweisen, wie die folgenden Abbildungen zeigen:


[ Bärtierchenstilette: Macrobiotus hufelandi ]

Der Eutardigrade Macrobiotus hufelandi mit kräftigen, stark gekrümmten Stiletten, die von feinen, schwungvoll gekrümmten Stilettfedern angesteuert werden.

[ Bärtierchenstilette: Adorybiotus coronifer ]

Der Eutardigrade Adorybiotus coronifer, ebenfalls mit kräftigen, ein wenig schwächer gekrümmten Stiletten. Die Stilettfedern unterscheiden sich deutlich von denen des Macrobiotus hufelandi.

[ Bärtierchenstilette: Milnesium tardigradum ]

Der Eutardigrade Milnesium tardigradum kommt, trotz seines räuberischen Wesens, mit vergleichsweise schlanken Stiletten aus. Beim oberen Stilett ist schön zu sehen, daß die Stilettspitze in einer Art Röhre, der sogenannten Stilettscheide, ruht.

[ Bärtierchenstilette: Echiniscus sp. ]

Dieser Heterotardigrade Echiniscus sp. zeigt die, für Echiniscen typischen, nadelförmigen, absolut geradlinigen Stilette.

[ Bärtierchenstilette: Batillipes mirus ]

Der Meerestardigrade (Heterotardigrade) Batillipes mirus. Seine Stilette ähneln denen der terrestrischen Echiniscen.

[ Bärtierchenstilette: Florarctus sp. ]

Stilette im Gewebe eines verendeten Florarctus sp. Meerestardigraden. Beim im Bild oberen Stilett ist die typischerweise gabelig verdickte Wurzel ("Furca") der Stilette zu erkennen, deren Form in der normalen mikroskopischen Ansicht von oben meist nicht zu sehen ist.

Bei vielen Arten sind die Stilette nicht einfach zu erkennen. Dies gilt in noch viel stärkerem Maß für die Stilettfedern, die anscheinend manchmal völlig fehlen oder im Lichtmikroskop nicht mehr sicher nachgewiesen werden können. Mit den Maßangaben wollen wir Sie nicht langweilen. Fest steht jedoch, daß die Stilette sogar bei den größeren Bärtierchenarten nur wenige Tausendstel Millimeter stark sind. Hartmut Greven erwähnt in seiner Bärtierchen-Monographie (siehe Literatur), daß die Stilette einiger Arten noch dazu innen hohl (!) seien.


Chemische Zusammensetzung der Stilette
Chemisch maltraitierend-forschende Biologen stellten schon sehr früh fest, dass die Stilette der Bärtierchen in den Dauerpräparaten mit der Zeit spurlos verschwanden. Aufgrund der chemischen Zusammensetzung der verwendeten Einbettungsmittel lag es nahe, eine hohe Säureempfindlichkeit der Stilette (Calcit?) zu vermuten. Inwieweit auch chemische Analysen erfolgten, konnten wir bislang anhand der uns vorliegenden Literatur nicht klären. Hartmut Greven faßt den Wissensstand zur Chemie der Stilette kurz und prägnant zusammen: "Die Stilette der Bärtierchen bestehen teilweise aus Kalk".
Vielleicht geht diese Einschätzung auf Ferdinand Richters zurück, der bereits 1908 in einem "Mikrokosmos"-Artikel konstatiert: "Stilette aus kohlensaurem Kalk".
Wie können wir als Amateure nun die chemische Zusammensetzung der Stilette nachvollziehen? Dies geht nicht ganz ohne Nachdenken und nicht ohne Mühen, weshalb wir uns in den nächsten Journalen ein wenig mit den polarisationsoptischen Eigenschaften des Calcits auseinandersetzen wollen.


Literatur
Hartmut Greven: Die Bärtierchen. S. 31-33. Wittenberg Lutherstadt 1980.
Ferdinand Richters: Die Bärtierchen (Tardigraden). Mikrokosmos 1 (1908) S. 53-57.


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© Text, Fotos und Filme von  Martin Mach