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Lupen für Fortgeschrittene (XVII)
NIR-Spektroskopie an Lupen-Materialien (II)

Im Februar-Journal hatten wir anhand von Beispielen gezeigt, wie sich mittels NIR-Spektroskopie Kunststoff-Typusklassen unterscheiden und bestimmen lassen. Auf diese Weise können wir gängige Lupen-Linsenmaterialien wie Plexiglas (PMMA), Polystyrol und Glas zerstörungsfrei, ja sogar ohne Berührung identifizieren. Das folgende Bild zeigt, lediglich zur Erinnerung, nochmals die NIR-Spektren einiger klassischer Kunststoffe, die sich allesamt deutlich unterscheiden. Die "Analyse" beruht somit auf einem simplen Spektren-Bildvergleich, erfordert kein Diplom in Chemie oder Festkörperphysik.


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Abb. 1: Übersichtsbild mit beispielhaften NIR-Spektren einiger klassischer Kunststoffe, die sich deutlich unterscheiden. CA: Celluloseacetat, CN: Cellulosenitrat, PC: Polycarbonat, PMMA: Polymethylmethacrylat, PS: Polystyrol.

Analog zu den Linsen können wir auch viele Linsen-Fassungsmaterialien bestimmen. Betrachten wir die folgende, ca. 100 Jahre alte Brieföffner-Lupenkombination und das zugehörige NIR-Spektrum des elfenbeinfarbenen Rahmenmaterials:


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Abb. 2: Hier gibt es Elfenbein-Appeal satt, obwohl kein Elefant geopfert werden musste. Und nein, wir bekommen keine Klickprämie von Hustenheilmittel-Herstellern!

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Abb. 3: NIR-Spektrum des Rahmenmaterials der in Abb. 2 gezeigten Brieföffner-Kombi (rot), im Vergleich zu einem Cellulosenitrat-Referenzspektrum ("CN reference", grün). Dieses wirklich schön anzusehende, cremefarbene Material ist offensichtlich langzeitstabil.
Anmerkung: Bei dünnen Filmen auf Cellulosenitratbasis sieht die Situation jedoch anders aus - dort wurden schon Selbstentzündungen mit entsprechend dramatischen Auswirkungen beobachtet!

Ebenfalls ca. 100 Jahre alt ist die, in Abb. 4 gezeigte, besonders liebevoll ornamentierte Leselupe aus einem Material, das an Schildpatt erinnert.


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Abb. 4: Leselupe, mutmaßlich aus den 1920er Jahren.

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Abb. 5: In der Detailansicht des Handgriffs ist ein metallisches Skelett aus einem silbrigen Material - mutmaßlich Neusilber - erkennbar. Bemerkenswert sind auch die sternengleich im Griff eingelegten, winzigen Kupferstiftchen.

Die NIR-Spektroskopie kann uns auch in diesem Fall auf komfortable Weise überzeugen, dass das Fassungsmaterial nicht aus Schildpatt, sondern aus dem zeittypischen Ersatzmaterial Celluloseacetat (Kurzbezeichnung CA) besteht:


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Abb. 6: NIR-Spektrum des Fassungsmaterials der in Abb. 4 und 5 gezeigten Leselupe. Es besteht eine weitgehende Übereinstimmung zwischen Lupenmaterial ("CA magnifier", rot) und dem Celluloseacetat-Referenzspektrum ("CA reference", grün).
Schildpatt würde ein andersartiges, auch sehr viel schwächeres Spektrum zeigen.

Abschließend, zur Erweiterung unseres Lupen-Tunnelblickes, noch das NIR-Spektrum eines neuzeitlichen Autoscheinwerfer-"Glases":


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Abb. 7: Das hier untersuchte, moderne Scheinwerferglas besteht, wie die meisten seiner Zeitgenossen, aus Polycarbonat und ist mittels NIR leicht als solches erkennbar.



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© Text, Fotos und Filme von  Martin Mach