München - mal anders (IV)
Wie in den Journalen der letzten Monate berichtet, fanden sich im Münchner
Pflasterritzenmoos viele Bärtierchen, die allerdings im wesentlichen nur einer einzigen
Macrobiotus Art angehörten. Die für eine Artbestimmung in
diesem Fall unverzichtbaren Eier schienen jedoch völlig zu fehlen. Nach vielen
vergeblichen Petrischalen-Bärtierchen-Wässerungen waren wir schon
nahe daran, die Suche nach den Eiern völlig aufzugeben.
Hinzu kommt, daß man auch in der Stadt mit pflichtbewußten Hausmeistern
rechnen muß, die in jedem Moospflänzchen eine tückische Unfallquelle
oder zumindest eine akute Gefahr für den jeweiligen Immobilienbestand sehen.
Und wer in Süddeutschland mit offenen Augen über Land fährt,
kann immer noch alte und gebrechliche Personen sehen, die - im Extremfall
sogar auf Knien - gegen die unheimliche Moosgefahr ankämpfen: Die angegrünten
Flächen könnten schließlich ein schlechtes Licht auf den jeweiligen
Grundstückseigner werfen oder schlimmstenfalls von sonntäglichen
Kirchgängern bemerkt werden. Ob das Moos die Kirchgänger tatsächlich stört,
ist zwar noch nicht so ganz geklärt, jedenfalls muß es weg, und zwar schleunigst.
Man mag zu diesen Aktionen stehen wie man will. Tatsache ist jedenfalls, daß
auch unsere Bärtierchenreservate in der Stadt vor Agent Orange Angriffen und
anderen Verzweiflungsaktionen nicht sicher sind. Immerhin haben wir die Gewißheit,
daß beispielweise beim Hockdruckreinigen in den mineralischen Materialien
reichlich neue Kavernen ensstehen, die den überlebenden Bärtierchen
großzügigen, neuen Wohnraum verschaffen und auch eine stabile Wasserversorgung
garantieren (die wunderbar sauberen, neuen Kavernen in Pflaster und Mauersockeln dienen als brauchbare Frischwasserreservoirs!).
Okay, diesmal hatten wir Glück: weiterhin kein Agent Orange und auch keine Hochdruckreinigung.
Und bei der letzten Untersuchung im Oktober konnten wir schließlich doch fündig werden:
In der Petrischale erkannten wir gleich mehrere Eier, wie sie Macrobiotus hufelandi ablegt. Damit wäre
die Artbestimmung unserer Pflasterritzenmoosbewohner befriedigend geklärt:
|