Das obige Bild portraitiert in einer Weise, die wohl der natürlichen,
menschlichen Wahrnehmung am nächsten kommt - unter Auflichteinwirkung.
Wir sollten nun allerdings nicht der Versuchung erliegen, womöglich
das Lichtmikroskop generell als moralisch gut und das REM als böse verfremdend zu werten.
Ein Blick auf unser Intro-Video
mag als Indiz geeignet sein um zu verstehen, daß auch das klassische Durchlichtmikroskop
einen etwas verfremdenden Bildeindruck erzeugen kann.
Im vorliegenden Fall wird dank des Durchlichts der "Röntgenblick" auf
die innere Anatomie des Bärtierchens samt seinen Mundwerkzeugen, Speicherzellen usw. akzenturiert.
Wegen der Dominanz des Durchlichts bleibt die Außenhaut auf der Strecke, sie
wird einfach ausgeblendet.
Das Rasterelektronenmikroskop läßt das Pendel in die entgegengesetzte
Richtung ausschlagen. Es bildet die Bärtierchen, wohlgemerkt nach dem
Abtöten, nach Art eines grauen, mehr oder weniger verschrumpelten Staubsaugerbeutels ab -
als reine Oberfläche, ohne jegliche Tiefe, Transparenz oder Farbe.
Da insbesondere die Augen der Bärtierchen unter der Hautoberfläche liegen und Elektronen
nur eine extrem geringe Eindringtiefe haben, kann das Rasterelektronenmikroskop
die Augen leider nicht einmal ansatzweise zeigen. Der für die menschliche Wahrnehnung und
mentale Einordnung wichtige Gesichtseindruck bleibt deshalb auf der Strecke, er kann lediglich
ansatzweise durch präparationsbedingte "Augenfalten" (zum Beispiel durch ein
Einziehen der Schnauze beim Sterben) substituiert werden.
Der Bärtierchenforscher Ferdinand Richters sprach bei Milnesium tardigradum
zu Recht von einem anatomischen "Glashaus". Das Video unten illustriert
die in dieser Hinsicht große Überlegenheit des klassischen
Lichtmikroskopes:
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