Kroatien ist derzeit leider als Covid-19 "Hochrisikogebiet" eingestuft,
weshalb eine Reise zu den dortigen Meeresbärtierchen momentan nicht angeraten erscheint.
Somit eine gute Gelegenheit um wieder mal den häuslichen Gerätepark zu inspizieren -
wohlgemerkt im Hinblick auf den nächsten ernsthaften Einsatz!
Mittlerweile haben wir bei den einstufigen Vergrößerungsinstrumenten hinzugelernt.
Wie üblich ist das Thema nicht bierernst zu nehmen, eher ein wenig verspielt und
möglicherweise einschleichend didaktisch.
Bereits in einem der älteren Journale hatten wir gezeigt, dass der praktische
Unterschied zwischen einer simplen Zylinderlupe (einlinsiges System) und einer
hochwertigen "echten", d.h., aus unterschiedlichen Linsen zusammengekitteten
Triplett-Lupe zwar merklich, jedoch im Grunde genommen nicht dramatisch ist.
Jedenfalls kann auch die megabillige Zylinderlupe aus Fernost den ernsthaften Naturforscher
nicht von seinen Gelüsten abhalten: Für die Retrospektive klicke
man hier.
Genauso ist es ohne Weiteres möglich, mit einer ultrawinzigen "K Zirkel"
Einschlaglupe Lupe Meeressand zu inspizieren oder Käferbeine und andere
Naturschönheiten zu bestaunen.
Abb. 1: "K Zirkel" (oder "Zirkel K"?)
Lupen mit unterschiedlichen Vergrößerungsfaktoren
8x, 10x und 16x. Leider haben wir, obwohl diese Lupen regelmäßig
im Internet angeboten werden, nichts Handfestes über den Hersteller in
Erfahrung bringen können. Man kann die Linsensysteme der "Zirkel"-Lupen mit
entsprechender Vorsicht einfach aus ihren Bakelit-Fassungen herausdrücken.
Dann purzeln zwei sehr dünne plankonvexe Linsen und ein Abstandsring auf den Tisch.
Und ja, die Dinger wiegen 15 Gramm - wohlgemerkt alle drei zusammen, was für
Einschlaglupen dieser Vergrößerungsleistung konkurrenzlos fliegengewichtig sein dürfte!
Die Winzigkeit und vergleichsweise einfache Optik erfordern allerdings
einen Kompromiss beim Komfort: Wegen der durchaus sinnvollen, verhältnismäßig starken Abblendung ist
die Breite des nutzbaren Gesichtsfelds bei der 10fach Lupe auf ca. 15 mm beschränkt,
während man bei klassischen 10fach Lupen locker mehr als 2 cm überblicken kann.
Wer lediglich ernsthaft forschen möchte, kann insofern mit vergleichsweise
einfachen optischen Systemen zurecht kommen und dabei immer noch ausgewachsene
Professoren das Fürchten lehren. Wer hingegen mehr Wert auf optimalen
Sehgenuss legt, sollte sich unbedingt eine der alten, luxuriösen Steinheil
3x Lupen anschauen (wo nicht nur "Steinheil" draufsteht, sondern
tatsächlich auch Steinheil drin ist!). Dort wurde nämlich ein riesiges Steinheil-Triplett
mit 35 mm Durchmesser verbaut - Optik-Overkill vom Feinsten. Das Bild
erscheint dementsprechend klar, scharf und mit sauberen Farben.
Und, selbst wenn man zunächst daran zweifeln mag, erweitert bereits
eine gute 3fache Vergrößerung das Seh-Erleben dramatisch.
Abb. 2: Uralte Steinheil 3fach Lupe.
Merkwürdigerweise scheint dieses traumhafte Produkt bislang nicht dem
Beuteschema der Lupensammler im Internet zu entsprechen. Es ist deshalb
gelegentlich zu einem moderaten Preis (wohlgemerkt weit unter Wert!) zu finden.
Wer seine kostbaren Kultobjekte nicht zerlegen möchte,
kann auch ohne Schrauberei direkt auf eine hohe Farbkorrektur (durch verkittete Linsensysteme aus unterschiedlichen Glassorten) schließen.
Wir strahlen dazu mit dem Licht einer 365 nm UV-Taschenlampe quer durch das zu prüfende System.
Die im normalen Tageslicht klare Optik sollte dann deutlich milchig erscheinen (vgl. Abb. 3 und Abb. 4).
Abb. 3: Selbst wenn es
die ZEISS-Enthusiasten möglicherweise nicht gerne hören: Die
relativ moderne Gehäuseform der wohl am emsigsten gesammelten ZEISS Lupen (oben; unten eine
wohl etwas später nachempfundene Enuro 10x) ist aufgrund der Wabenoberfläche schmutzanfällig
und so manche Vernietung einem James-Bond-Einsatz "in the field, with tear and wear" schlichtweg nicht
gewachsen. Auch fassen sich die Wabenobenflächen bei Weitem
nicht so gut an wie des Steinheil-Handschmeichlers in Abb. 2.
Abb. 4: GIF-Animation. Links die
"Enuro"-Lupe mit zwei plankonvexen Linsen (krumme Linsenflächen nach innen gerichtet),
rechts eine ZEISS 6x Lupe mit einem optisch weit überlegenen, verkitteten Dublett.
Gelegentlich wird behauptet, das milchige Aussehen der Optiken im UV würde
von den speziellen Gläsern verursacht. Dies trifft jedoch nicht zu. Praktisch alle
älteren Verkittungen sind mit merklich fluoreszierendem Canadabalsam hergestellt.
Dass nicht das Glas, sondern der Balsam fluoresziert, können wir durch seitliche
UV-Bestrahlung der Optik nachweisen - dann leuchtet vorzugsweise der Kitt, und nicht das Glas:
Abb. 5: Das ausgebaute,
mit Kanadabalsam verkittete Dublett der ZEISS 6x Lupe unter UV-Bestrahlung (365 nm). Man
erkennt deutlich, dass in erster Linie die dünne Kittlinie zwischen den beiden Linsen
hell erstrahlt. Kanadabalsam ist als wunderbarer Linsenkitt bekannt, und im
normalen Weißlicht stört seine UV-Fluoreszenz auch nicht im geringsten.
Lediglich der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass aber auch manche uralte
oder erkennbar farbige Lupen-Gläser sehr wohl markant fluoreszieren können.
Meist ist allerdings bereits wegen des Aussehens oder des Alters klar, dass hier keine
gekitteten Systeme, sondern tatsächlich fluoreszierende Gläser verbaut sind.
Abb. 6: Einlinsige
"Stanhope"-Lupe aus dem 19. Jahrhundert, mit einer stark vergrößernden,
einfachen Zylinderlinse. Hier bei Bestrahlung mit 365 nm UV-Licht - im normalen Weißlicht
erscheint die Zylinderlinse hingegen farblos und völlig transparent.
Sind wir jetzt, dank der UV-Lampe für alle Fälle gerüstet,
können in Zukunft die optische Spreu vom optischen Weizen trennen? Schaut mal hier:
Abb. 7: Ein weiterer
Prüfkandidat für die UV-Lampe - die "achromatische" und "asphärische" 10x Lupe eines
renommierten Versands für Briefmarkenzubehör
Ein Schnäppchen? Wo doch auch die Frontlinse im UV so wunderbar milchig triplettartig wirkt:
Abb. 8: Die Messlupe von
Abb. 7 zeigt im UV eine milchig trübe Frontlinse. Somit ein echtes Triplett?
Leider nicht. Der Blick durch die Lupe auf eine S/W-Vorlage offenbart eine ziemlich
bescheidene, keineswegs farbreine Abbildungsqualität. Kaum tolerierbar
erscheint auch die mordsmäßig knarzende Fokussierung. Noch dazu wirken die
Oberflächen der schwarzen Fassung ausgesprochen schäbig, wellig, wie eingesunken.
Vielleicht ahnen jetzt manche unserer Leserinnen und Leser bereits, was die Ursache ist
und wo der Hund begraben liegt? Die Übrigen bitten wir noch um ein klein wenig Geduld:
Die hoch wissenschaftlich begründete Erklärung zur täuschend UV-milchig
erscheinenden Frontlinse folgt im nächsten Journal.