Deshalb unser Rat: Wenn Sie dieses Buch irgendwo im Antiquariat
finden, fackeln Sie nicht lange und kaufen Sie es sofort. Es ist leider sehr
viel seltener zu finden als das bereits erwähnte, ein Jahr jüngere, nur knapp halb so umfangreiche
Vorgängerwerk von Ernst Marcus. Unser Exemplar stammt übrigens von der Pädagogischen
Hochschule Erfurt/Mühlhausen. Es enthält einen leeren (!) Ausleihtabellenstempel
und wurde laut offiziellem Vermerk vom 21. März 2005, d.h. nach ca. 75 Jahren
vorbildlich ungestörter Lagerung, in praktisch unberührtem Erhaltungzustand ausgesondert.
Wer jemals den allgegenwärtigen Irrsinn unserer Welt beklagt hat, findet sich hier mal wieder auf's
neue bestätigt. Schließlich wissen alle unsere Leserinnen und
Leser, daß sich sogar hartgesottene "Wurmverächter" mit Hilfe
der Bärtierchen für das Thema Biologie gewinnen lassen (Biologie-Pädagogik der
effizientesten Art, arme Küchenzwiebel ... ).
Ansonsten bleibt nur noch der Weg in die Bibliothek, aber warum nicht? Die Mühe lohnt sich!
Vielleicht überzeugen Sie auch folgende Hinweise:
Alleine der Geschichte der Tardigradenforschung widmet Ernst Marcus 20 Textseiten.
Und das alles nicht ohne Stolz. In der Einleitung versichert er, daß er die gesamte
Fachliteratur so eingehend berücksichtigt hätte, daß dies für den
universitären Bedarf ausreiche. Höchstens im Falle einer einschlägigen
Dissertation sei noch ein Rückgriff auf die Primärliteratur erforderlich!
Wenn Sie dieses Werk durchgelesen haben, werden Sie fortan auch verstehen, wieviele Abbildungen
bei Ernst Marcus, genauer gesagt bei seiner Frau Eveline Marcus, der Illustratorin, bis zum
heutigen Tag abgekupfert werden, leider immer mal wieder ohne Quellenangabe.
Bedauerlicheweise stellt man auch in der angelsächsischen Literatur gelegentlich fest,
daß Ernst Marcus dort nicht mehr im Original gelesen und verstanden wird.
Weil er jüdischer Abstammung war, verlor Ernst Marcus in der Nazizeit seine
Position am zoologischen Institut der Universität Berlin und sah sich gezwungen,
nach Brasilien auszuwandern. Dort lehrte er an der Universität von São Paulo.
Er starb 1968 in São Paulo. Ein Bild seiner ebenfalls lebenslang biologiebegeisterten
Frau Eveline (1901-1990) finden Sie hier.
Das Berliner Bärtierchen Hypsibius Evelinae ist übrigens nach ihr benannt.
Egal was Sie suchen: Bilder vom Habitus verschiedener Bärtierchenarten, genaue
Zeichnungen des Nervensystems und der Muskulatur, ganzseitige Abbildungen maritimer
Tardigraden, penible Verhaltensbeobachtungen - in der Tardigradenbibel von Ernst Marcus
werden Sie fündig oder haben zumindest einen guten Startpunkt für weitere
Recherchen.
Eine etwas irritierende Merkwürdigkeit hat uns Prof. Dr. Ernst Marcus allerdings in seinem wunderschönen
Buch hinterlassen. Seinen Angaben zufolge (S. 294) beträgt die Körperlänge erwachsener
Batillipes mirus-Bärtierchen bis zu 720 (!) µm, durchschnittlich
immerhin 400 bis 600 µm. Derart große Meeresbärtierchen sind uns jedoch nie unter die Linse
gekommen. Weiß vielleicht einer unserer Leser, was aus den nordischen Recken
geworden ist?
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