Lupen für Fortgeschrittene (XXIV) |
Abb. 1: Brücke'sche Lupe von Zeiss, um 1900.
|
Eine Zeichnung der in Abb. 1 gezeigten, breiteren Variante
der Lupe findet sich beispielsweise im Carl Zeiss Mikroskopie-Katalog von 1889.
Sie ist dort als das teurere Modell, mit achromatischem Doppelobjektiv und
besonders großer Öffnung (28 mm) zu einem Preis von stolzen 30 Goldmark
gelistet. |
Abb. 2: Oberteil der Brücke'schen Lupe mit halb ausgezogenem Schiebetubus. Merkwürdigerweise sind am Schiebetubus keine Markierungen zur präzisen Dokumentation der jeweils wirksamen Vergrößerung angebracht - und dies im Deutschen Kaiserreich! |
Beim Blick auf die alten, gravierten Inschriften kommt unweigerlich Wehmut auf. Der besonders liebevoll eingedrillte Schnörkel am Fuß des Jena-"J" ist uns deshalb eine eigene Abbildung wert: |
Abb. 3: "Carl Zeiss, Jena."-Signatur auf der Brücke'schen Lupe. Penible Interpunktion bei einer Optik-Signatur - alle Achtung! |
Je nach Tubusauszug erreicht man mit diesem Gerät eine 5- bis 10-fache
Vergrößerung, bei aufrechtem (nicht auf dem Kopf stehenden) Bild
und einem freien Arbeitsabstand von üppigen 9 Zentimetern.
Somit ein stufenloses Zoom ;-) |
Abb. 4: Querschnitt durch
die schmalere Variante einer Brücke'schen Lupe [Carpenter 1891, S. 38].
Das Vergrößerungsobjektiv (unten im Tubus) besteht aus zwei
großen achromatischen Dubletts mit fixem Abstand. Ganz oben, am oberen
Ende des ausziehbaren Tubusteils, befindet sich ein weiteres, achromatisches Dublett,
das in der Summe als Zerstreuungslinse wirkt.
|
Warum sich die Brücke'sche Lupe - trotz ihres berühmten Erfinders und gut klingenden Eigennamens - letztendlich nicht durchsetzen konnte? Nüchtern betrachtet eignet sie sich heutzutage vor allem zur Illustration, wie schwer es unsere Vorfahren ohne preiswerte Stereomikroskope hatten! Das aufrechte Bild und der große Arbeitsabstand können nicht darüber hinwegtrösten, dass das Sehfeld extrem klein ausfällt und das Seherlebnis naturgemäß nur monokular, nicht stereoskopisch sein kann. Trotz des hier zu konstatierenden, hohen optischen und feinmechanischen Aufwands erscheint uns praktisch jedes heute angebotene, einfache Stereomikroskop als Arbeitsinstrument haushoch überlegen! |
Quellen und Literatur
|
© Text, Fotos und Filme von Martin Mach |