Bärtierchen - der emotionale Fußabdruck (II) |
Abb.: Lithographie, um 1870. Immerhin wird das erstaunliche Bärtierchen-Wesen durch eine nachgeschobene, vermeintlich wissenschaftliche Erklärung wie folgt relativiert: "Die Mitte des Bildes kreuzen einige grüne Conservenfäden, aus lineargereihten Zellen zusammengesetzt, und an ihnen kriecht ein sogenanntes Bärthierchen - jenes zu den Milben gehörige Wesen, dessen außerordentlich Lebenszähigkeit es lange zu einem der mirakulösesten Geschöpfe machte, bis man endlich zeigte, dass es dieselbe nur der Hygroskopität seiner Gewebe verdankte." |
Lassen wir nun einfach die Kommentare diverser Bärtierchen-Bewunderer aus ferner Vergangenheit für sich selbst (aber auch über sich, d.h., über die Bewunderer!) sprechen: |
"Die innere Organisation der hübschen und merkwürdigen Tiere [...]" |
Heinz Streble, Dieter Krauter: Das Leben im Wassertropfen. Stuttgart 1973. S. 98. |
"Es gibt ein chinesisches Spielzeug: Kleine Plättchen, die man auf erwärmtes Wasser legt, lassen relativ riesige Fische, Vögel usw. aus sich hervorgehen; daran erinnert der Geburtsakt eines Tardigraden." |
Ferdinand Richters: Die Bärtierchen (Tardigraden).
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"Das Sinnesleben der Tardigraden dürfte, nach dem voluminösen Nervensystem zu urteilen, kaum gering ausgebildet sein." |
Ernst Marcus: Bärtierchen (Tardigrada). S. 22. |
"Merkwürdige Gestalten kommen unter ihnen vor." |
Ferdinand Richters: Die Bärtierchen (Tardigraden).
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"... ein Männchen auf 25 Weibchen ..." |
Ernst Marcus: Tardigrada. Berlin 1936. S. 323 (Abschnitt über Milnesium tardigradum). |
"... it does look ridiculously like a bear." |
Lewis Wright: A Popular Handbook to the Microscope. S. 167. London, The Religious Tract Society, 1895. |
Nach so viel hoffnungslos unwissenschaftlicher Begeisterung waren natürlich diverse Dämpfer von Seiten der seriösen biologischen Wissenschaft angebracht, die ebenfalls - wenn auch vielleicht gar nicht beabsichtigt - einen gewissen Unterhaltungswert haben: |
"... Frequently found in the more obscure journals, |
Brian Paavo, über Bärtierchen (1995) |
"Sie [Anmerkung: die Tardigraden] gehören zu einem exklusiven Zirkel, dem manche Enthusiasten eine etwas irrationale Zuneigung entgegenbringen." |
Peter Brookesmith: Kleine Ungeheuer. S. 101. Übersetzung aus dem Englischen, Gondrom-Verlag 1999. |
Und dann gibt es noch eine stattliche Reihe von Äußerungen, die eine gewisse Ratlosigkeit oder Unsicherheit gegenüber den Bärtierchen offenbaren. Hier ein paar Beispiele: |
"Sie (die Wasserbär-Thierchen) bedürfen ihrer Kleinheit wegen nur wenig Nahrung, erhalten sich deshalb also schon länger ..." |
Dr. Johannes Leunis: Schul-Naturgeschichte. Eine analytische Darstellung
der drei Naturreiche, zum Selbstbestimmen der Naturkörper. Vierte
Auflage, Erster Theil, S. 247.
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"Der erste Beobachter dieser Tierchen [Anm.: der Bärtierchen] war
der Quedlinburger Pastor G o e z e , der
sie im Jahre 1773 als 'kleiner Wasserbär' beschrieb, obwohl
sie eigentlich mehr einem Schweinchen ähneln." |
Bruno Schulz: Bärtierchen im Mikroaquarium.
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"Mr. Slack's account of them is, that they (the tardigrades) are, physiologically speaking, poor relations of the great family of spiders." |
The Honourable Mrs. Ward: The Microscope.
p. 136-137. |
"The water-bears are said to be hermaphrodites, but this is improbable." |
Henry J. Slack: Marvels of pond-life or a year's recreations among the polyps, infusoria, rotifers, water-bears, and polyzoa. 6. Auflage. S. 133. London, ohne Datum (1900). |
"... In the 200 years since the water bear was first
described, |
William R. Miller, irgendwo im Internet ... |
© Text, Fotos und Filme von Martin Mach |