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Bärtierchen - der emotionale Fußabdruck (II)

In Anlehnung an den, in den internationalen Medien mittlerweile allgegenwärtigen carbon dioxide footprint des Menschen wagen wir uns hiermit an eine Darstellung des emotional footprint der Bärtierchen heran. Thema wäre somit die emotionale Wirkung, welche die Bärtierchen bei uns Menschen erzielen.

Wir stolpern, wie bereits im letzten Journal angekündigt und begonnen, über drei Kurzbeiträge in dieses, ohne Peinlichkeit nur schwer darstellbare Thema hinein:

(1) Unser persönlicher Bärtierchen-Bezug
(2) Historische Bärtierchen-Emotionalität
(3) Moderne Bärtierchen-Emotionalität



(2) Historische Bärtierchen-Emotionalität

Zum Einstieg: Wer würde schon ernsthaft bezweifeln, dass das Bärtierchen der eigentliche Star auf dem unten gezeigten Litho eines unbekannten Künstlers ist?


[  ]

Abb.: Lithographie, um 1870. Immerhin wird das erstaunliche Bärtierchen-Wesen durch eine nachgeschobene, vermeintlich wissenschaftliche Erklärung wie folgt relativiert: "Die Mitte des Bildes kreuzen einige grüne Conservenfäden, aus lineargereihten Zellen zusammengesetzt, und an ihnen kriecht ein sogenanntes Bärthierchen - jenes zu den Milben gehörige Wesen, dessen außerordentlich Lebenszähigkeit es lange zu einem der mirakulösesten Geschöpfe machte, bis man endlich zeigte, dass es dieselbe nur der Hygroskopität seiner Gewebe verdankte."



Lassen wir nun einfach die Kommentare diverser Bärtierchen-Bewunderer aus ferner Vergangenheit für sich selbst (aber auch über sich, d.h., über die Bewunderer!) sprechen:



"Die innere Organisation der hübschen und merkwürdigen Tiere [...]"


 

Heinz Streble, Dieter Krauter: Das Leben im Wassertropfen. Stuttgart 1973. S. 98.


"Es gibt ein chinesisches Spielzeug: Kleine Plättchen, die man auf erwärmtes Wasser legt, lassen relativ riesige Fische, Vögel usw. aus sich hervorgehen; daran erinnert der Geburtsakt eines Tardigraden."


 

Ferdinand Richters: Die Bärtierchen (Tardigraden).
Mikrokosmos, Sammelband 1907-1910. S. 89.


"Das Sinnesleben der Tardigraden dürfte, nach dem voluminösen Nervensystem zu urteilen, kaum gering ausgebildet sein."


 

Ernst Marcus: Bärtierchen (Tardigrada). S. 22.
Jena 1928.


"Merkwürdige Gestalten kommen unter ihnen vor."


 

Ferdinand Richters: Die Bärtierchen (Tardigraden).
Mikrokosmos 1 (1907) S. 87.


"... ein Männchen auf 25 Weibchen ..."


 

Ernst Marcus: Tardigrada. Berlin 1936. S. 323 (Abschnitt über Milnesium tardigradum).


"... it does look ridiculously like a bear."


 

Lewis Wright: A Popular Handbook to the Microscope. S. 167. London, The Religious Tract Society, 1895.



Nach so viel hoffnungslos unwissenschaftlicher Begeisterung waren natürlich diverse Dämpfer von Seiten der seriösen biologischen Wissenschaft angebracht, die ebenfalls - wenn auch vielleicht gar nicht beabsichtigt - einen gewissen Unterhaltungswert haben:


"... Frequently found in the more obscure journals,
they are occasionally the subject of somewhat dubious reports ..."


 

Brian Paavo, über Bärtierchen (1995)


"Sie [Anmerkung: die Tardigraden] gehören zu einem exklusiven Zirkel, dem manche Enthusiasten eine etwas irrationale Zuneigung entgegenbringen."


 

Peter Brookesmith: Kleine Ungeheuer. S. 101. Übersetzung aus dem Englischen, Gondrom-Verlag 1999.



Und dann gibt es noch eine stattliche Reihe von Äußerungen, die eine gewisse Ratlosigkeit oder Unsicherheit gegenüber den Bärtierchen offenbaren. Hier ein paar Beispiele:


"Sie (die Wasserbär-Thierchen) bedürfen ihrer Kleinheit wegen nur wenig Nahrung, erhalten sich deshalb also schon länger ..."


 

Dr. Johannes Leunis: Schul-Naturgeschichte. Eine analytische Darstellung der drei Naturreiche, zum Selbstbestimmen der Naturkörper. Vierte Auflage, Erster Theil, S. 247.
Hannover, Hahn'sche Hofbuchhandlung 1861.



"Der erste Beobachter dieser Tierchen [Anm.: der Bärtierchen] war der Quedlinburger Pastor   G o e z e , der sie im Jahre 1773 als 'kleiner Wasserbär' beschrieb, obwohl sie eigentlich mehr einem Schweinchen ähneln."


 

Bruno Schulz: Bärtierchen im Mikroaquarium.
Aus: Aquarien und Terrarien. S. 137. Leipzig 1955.



"Mr. Slack's account of them is, that they (the tardigrades) are, physiologically speaking,  poor relations  of the great family of spiders."


 

The Honourable Mrs. Ward: The Microscope. p. 136-137.
London 1869.



"The water-bears are said to be hermaphrodites, but this is improbable."


 

Henry J. Slack: Marvels of pond-life or a year's recreations among the polyps, infusoria, rotifers, water-bears, and polyzoa. 6. Auflage. S. 133. London, ohne Datum (1900).



"... In the 200 years since the water bear was first described,
we have not identified any medical, commercial or environmental effect of tardigrades ..."


 

William R. Miller, irgendwo im Internet ...



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© Text, Fotos und Filme von  Martin Mach