Das Bärtierchen-Journal
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Dactylobiotus dispar (II)

Im letzten Journal haben wir  Dactylobiotus dispar  an einem seiner Lieblingsplätze, nämlich der  Unterseite eines Seerosenblattes aufgespürt. Es war allerdings nur ein Hauch von einem Tier, gerade mal ein Schatten auf dem Seerosenblatt. Nehmen wir mal die Seerose weg:


[ Dactylobiotus dispar, Tardigrade, Totale ]

Bärtierchen Dactylobiotus dispar,
noch nicht ganz erwachsen.
Körperlänge ca. 300 µm.


Das sieht auf den ersten Blick aus wie ein ganz normaler Eutardigrade, werden Sie nun vielleicht denken und Sie hätten recht damit.
Erst bei stärkerer Vergrößerung erkennen wir die Details, welche die Profi-Bärtierchenforscher im Jahr 1980 dazu bewogen haben, innerhalb der Gruppe der Eutardigraden ein neues Genus  Dactylobiotus  zu definieren, welches von den  Macrobioten  abgezweigt wurde. Haupterkennungsmerkmal des neuen Genus ist die einzigartige, feste Verbindungsleiste zwischen den beiden paarigen, am Beinansatz verschmolzenen, jedoch direkt danach verzweigenden Krallen:


[ Dactylobiotus dispar, Detail ]

Bärtierchen Dactylobiotus dispar,
letzes Beinpaar.
Der rote Pfeil markiert das Strukturelement, durch welches das Genus Dactylobiotus von Macrobiotus unterschieden wird. Körperlänge insgesamt ca. 500 µm.


Innerhalb des Genus Dactylobiotus gibt es nicht allzuviele Arten, so daß auch ein Amateur gute Chancen hat, einzelne Arten zu identifizieren.
Werfen wir kurz einen Blick auf den Vorderkörper:


[ Dactylobiotus dispar, Detail Vorderkörper]

Bärtierchen Dactylobiotus dispar,
Vorderkörper.
Schwarze Augen.

[Erklärung der folgenden Fachtermini bei  Macrobiotus  ]

Zwei Macroplacoide, von denen das erste wie gebrochen aussieht.
Komma fehlt. Breite, säbelförmig geschwungene Stilette mit breiter Gabel. Oval-rundlicher Schlundkopf, ca. 80 µm lang.


Am Rücken zwischen dem dritten und vierten Beinpaar trägt Dactylobiotus dispar zwei charakteristische Buckel, welche nicht einfach zu photographieren sind, jedoch bei der Lebendbetrachtung erwachsener Tiere sofort in's Auge fallen.


[ Höcker des Bärtierchens Dactylobiotus dispar ]

Einer der "Höcker" auf dem Rücken des Bärtierchens Dactylobiotus dispar in Seitenansicht (Pfeil). Der zweite Höcker dahinter wird in dieser Ansicht vom ersten verdeckt.


Die Eier von Dactylobiotus dispar sind ein wichtiges Artmerkmal und ein sicheres Unterscheidungskriterium z.B. gegenüber den ähnlichen aussehenden Verwandten Macrobiotus macronyx und Macrobiotus ambiguus. Die Eier tragen zwiebelförmige Ausschüsse, welche vergleichsweise locker gepackt sind. Sie werden frei abgelegt. Ihr maximaler Durchmesser beträgt 90 µm.


[ Ei von Dactylobiotus dispar]

Ei des Bärtierchens Dactylobiotus dispar.
Maximaldurchmesser inklusive
Ei-Fortsätzen 90 µm.


Und dann gibt es noch die Mundlamellen, welche ebenfalls für Dactylobiotus dispar bezeichnend sind. Walter Maucci schreibt in seinem traumhaften Tardigradenbuch, daß es zehn Lamellen sein sollten. Hier stoßen wir allerdings beim Zählen am Lichtmikroskop auf Probleme. Wälzen Sie im Zweifel lieber Plätzchenteig und nicht die winzigen Tardigraden - so wichtig ist die Lamellenzahl dann wohl auch wieder nicht!


[ Lamellen an der Mundröhre von Dactylobiotus dispar]

Die feinen Mundlamellen von Dactylobiotus dispar, laut Fachliteratur 10 Stück, wie Schneidezähne kreisförmig um die Mundröhrenöffnung angeordnet.


Im nächsten Journal werden wir sehen, daß einige der Weibchen von Dactylobiotus dispar ihren Artgenossinnen ein wenig voraus sind und ihre Eier auf ganz besondere Art und Weise verpacken.


Literatur

Schuster, R.O., Nelson, D.R., Grigarick, A.A., Christenberry, D.: Systematic Criteria of the Eutardigrada. Transactions of the American Microscopical Society 99 (1980) S. 284 - 303.

Maucci, W.: Tardigrada. S. 231. Bologna 1986.

Marcus, E.: Tardigrada. S. 187. Berlin 1936.

Morgan, C.I., King, P.E.: British Tardigrades. S. 77. London 1976.


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© Text und Fotos von  Martin Mach